BRAK-Mitteilungen 2/2022

Begriff der personenbezogenen Daten mit dem Umfang des Auskunftsanspruchs gleichzusetzen. Die Absätze 1 und 3 des Art. 15 DSGVO werden nicht im Zusammenhang gesehen, sondern selbstständig nebeneinandergestellt. Ob das tatsächlich gewollt ist, kann wohl nur der EuGH klären. Aus der weiten Auslegung entstehen mehr Fragen, als Fragen beantwortet werden. Einige dieser Folgefragen können vorliegend nur aufgeworfen werden: Wo sind die Grenzen des Auskunftsanspruchs und wie weit kann der Auskunftsanspruch das deutsche Prozessrecht in Zukunft verändern? Kann der Gegner zukünftig als Druckmittel im Prozess unbestimmte Anträge auf Auskunft stellen? Welche Auswirkungen kann dies auf die Grundsätze der Fairness und Waffengleichheit haben? Kann ein unbegrenzter europäischer Auskunftsanspruch die Grundsätze des deutschen Zivilprozesses aushebeln?12 12 s.a. K. M. Brisch/L. Rexin, Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO als Pre-Trial Discovery, BRAK-Mitt. 2021, 348. IV. AUSWIRKUNGEN AUF DIE KANZLEIPRAXIS Nachdem die Rechtsprechung die Reichweite des Auskunftsanspruchs derzeit tendenziell immer weiter auslegt, empfiehlt es sich, das Risiko einer Auskunftsklage dadurch zu vermeiden, dass einem Auskunftsbegehren von vornherein vollumfänglich entsprochen wird. Dies bedeutet jedoch, dass innerhalb der Kanzleiorganisation sichergestellt werden muss, dass jegliche Kommunikation und alle Vermerke mit oder zu den Mandanten der Handakte zugeführt werden. Dieses Vorgehen führt zumindest dazu, dass man im Falle eines Auskunftsbegehrens nicht anfangen muss, sämtliche Computer und Accounts der Beschäftigten nach Daten zu durchforsten. Abgesehen von den berufsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Problemen bei der Kommunikation mit Mandanten per SMS oder WhatsApp sollten sich Kanzleien auch aufgrund des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs überlegen, ob diese Kommunikationskanäle aufgegeben werden können. Denn eine regelmäßige Ablage von Handydaten in der Handakte dürfte in den meisten Kanzleien einen organisatorischen Aufwand nach sich ziehen, der nicht mehr verhältnismäßig ist. Im Übrigen noch kurz als Tipp zum Schluss: Macht eine Mandantin oder ein Mandant einen Anspruch auf Auskunft geltend, sind Anwältinnen und Anwälte auch nach der DSGVO berechtigt bzw. verpflichtet, zunächst die Identität des Anfragenden zu überprüfen, vgl. Erwägungsgrund 64 zu Art. 15 der DSGVO. Erst wenn derjenige, der eine Auskunft begehrt sich identifiziert hat, muss die Auskunft erteilt werden. Bei einer großen Menge von personenbezogenen Daten können der Verantwortliche nach Erwägungsgrund 63 S. 7 zu Art. 15 DSGVO eine Präzisierung der Anfrage anfordern. Bei größeren Mandaten oder Mandantschaft mit wiederkehrenden Aufträgen sollte von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden. MITWIRKUNGSPFLICHT VERSUS SELBSTBELASTUNGSFREIHEIT UND VERSCHWIEGENHEIT AKTUELLE PROBLEME BEI DER GELDWÄSCHEAUFSICHT DER RECHTSANWALTSKAMMERN RECHTSANWÄLTIN LENA KOCH* * Die Autorin ist juristische Referentin der Rechtsanwaltskammer Hamm und dort u.a. für den Bereich Geldwäscheaufsicht zuständig. Geldwäschebekämpfung ist ein Dauerbrenner auf der nationalen wie europäischen Agenda, das zeigt etwa das im Sommer 2021 veröffentlichte Paket der EU zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind, je nach konkreter Tätigkeit, Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz.1 1 Dazu Bluhm, BRAK-Magazin 6/2021, 14 ff. Die Geldwäscheaufsicht über sie obliegt den Rechtsanwaltskammern. Um ihrer Aufsichtsfunktion nachzukommen, haben die Kammern Prüfungs-, Auskunfts- und Einsichtsrechte und die Anwältinnen und Anwälte spiegelbildlich verschiedene Mitwirkungspflichten. Der Beitrag erläutert das Spannungsverhältnis, in dem diese Mitwirkungspflichten mit dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und mit der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht stehen. I. AUFSICHTSFUNKTION DER RECHTSANWALTSKAMMERN Gemäß §§ 50 Nr. 3, 51 I und II GwG ist die Rechtsanwaltskammer die zuständige Aufsichtsbehörde für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Kammerrechtsbeistände nach § 2 I Nr. 10 GwG. Im Rahmen der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabe kann die Rechtsanwaltskammer die geeigneten und erforderlichen BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 AUFSÄTZE 68

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