BRAK-Mitteilungen 2/2022

Auskunftsanspruch regelmäßig nicht die Herausgabe von allen Dokumenten, E-Mails etc., in denen z.B. der Name der betroffenen Person und eventuelle weitere Informationen über diese Person enthalten sind, umfasst. Nach dortiger Auffassung sind der betroffenen Person zwar grundsätzlich alle gespeicherten personenbezogenen Einzel-Daten mitzuteilen, die sich auf sie beziehen. Nach Art. 15 III DSGVO sei aber nur eine „Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind“, zur Verfügung zu stellen. Es sei hier nicht die Rede von Kopien der betreffenden Akten bzw. von sonstigen Unterlagen. In ihrem 8. Tätigkeitsbericht 2017/2018 verweist die Behörde in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des EuGH v. 17.7.2014,2 2 EuGH, Urt. v. 17.7.2014 – C-141/12 und C-372/12, https://eur-lex.europa.eu/legal -content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A62012CJ0141. in dem der EuGH (zu der damals noch geltenden EU-Datenschutzrichtlinie) ausführt, dass es zur Wahrung des Auskunftsrechts genügt, dass die betroffene Person „eine vollständige Übersicht dieser Daten in verständlicher Form erhält, d.h. in einer Form, die es ihm ermöglicht, von diesen Daten Kenntnis zu erlangen und zu prüfen, ob sie richtig sind und der Richtlinie gemäß verarbeitet werden, so dass er gegebenenfalls die ihm in der Richtlinie verliehenen Rechte ausüben kann.“ Wegen der gleichgelagerten Regelung in Art. 15 I DSGVO im Vergleich zur früheren EU-Datenschutzrichtlinie (dort Art. 12) sieht das BayLDA die vom EuGH in der zitierten Entscheidung aufgestellten Maßstäbe weiterhin als zutreffend an. Dieses EuGH-Urteil betonte klar, dass zur Wahrung der Rechte der betroffenen Person ausreichend sei, wenn dem Betroffenen eine vollständige Übersicht der in einem Verwaltungsdokument enthaltenen personenbezogenen Daten in verständlicher Form zur Verfügung gestellt wird. Im 9. Tätigkeitsbericht 20193 3 9. Tätigkeitsbericht des BayLDA, https://www.lda.bayern.de/media/baylda_report _09.pdf. des BayLDA allerdings wird abweichend von diesen Aussagen darauf hingewiesen, dass zu den personenbezogenen Daten neben den Stammdaten auch interne Vermerke und Bewertungen sowie Gesprächs- und Telefonvermerke gezählt werden. b) BUNDESBEAUFTRAGTER FÜR DEN DATENSCHUTZ UND DIE INFORMATIONSFREIHEIT Auf der Website des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI)4 4 Website des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit; zu finden unter: https://www.bfdi.bund.de/DE/Buerger/Basiswissen/Betroffenenre chte/BetroffenenRechte_node.html. wird ausgeführt, dass sich das Auskunftsrecht nicht nur auf sog. Stammdaten wie etwa Name, Adresse und Geburtsdatum bezieht, sondern beispielsweise auch auf die mit der betroffenen Person geführte Kommunikation und interne Vermerke der Behörde oder des Unternehmens, soweit diese personenbezogene Daten der Person enthalten. Häufig ergebe sich Inhalt und Sinn von Informationen, die sich auf eine betroffene Person beziehen, auch erst aus dem Verarbeitungskontext (Beispiel: Korrespondenz zwischen Verantwortlichem und betroffener Person). In diesem Fall seien in der Regel die entsprechenden Dokumente vollständig (in Kopie) herauszugeben. c) EUROPÄISCHER DATENSCHUTZAUSSCHUSS Im Januar 2022 hat der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) einen Entwurf detaillierter Leitlinien zum Auskunftsrecht veröffentlicht, der auch von den deutschen Aufsichtsbehörden (im EDSA vertreten durch den BfDI) mitgetragen wurde.5 5 Guidelines 01/2022 on data subject rights – Right of access, Website des Europäischen Datenschutzausschusses, zu finden unter https://edpb.europa.eu/our-worktools/documents/public-consultations/2022/guidelines-012022-data-subject-rightsright_de, zuletzt aufgerufen am 15.3.2022. Darin kommt ein tendenziell weites Verständnis des Auskunftsrechts zum Ausdruck. Abhängig von den Ergebnissen des bis zum 11.3.2022 hierzu laufenden öffentlichen Konsultationsverfahrens steht zu erwarten, dass der Entwurf in ähnlicher Form final angenommen und in der aufsichtsbehördlichen und gerichtlichen Praxis berücksichtigt werden wird. 2. RECHTSPRECHUNG Mit dem Umfang des Auskunftsanspruchs haben sich bisher auch schon einige Gerichte – mit unterschiedlichen Ergebnissen – auseinandergesetzt. Beispielhaft seien genannt: a) LAG NIEDERSACHSEN UND BAG Das LAG Niedersachsen6 6 LAG Niedersachsen, Urt. v. 9.6.2020 – 9 Sa 608/19. hat einen Anspruch auf Überlassung sämtlicher Inhalte (in dem zugrundeliegenden Fall: von Personalakten) verneint. Der Wortlaut von Art. 15 III DSGVO spreche lediglich von Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind und beziehe sich somit auf Art. 15 I DSGVO. Es sei ein gewisser Grad an Aussagekraft der Daten über die betroffene Person zu fordern. Darüber hinaus beschränke sich der Auskunftsanspruch auf solche Dokumente, die dem Auskunftsersuchenden nicht schon vorliegen. Der betroffenen Person sei E-Mail-Verkehr, den sie selbst geführt oder erhalten habe, bekannt, so dass nach dem Schutzzweck des Auskunftsanspruchs nicht der gesamte E-Mail-Verkehr zur Verfügung gestellt werden müsste. Das BAG7 7 BAG, Urt. v. 27.4.2021 1 – AZR 342/20, https://www.bundesarbeitsgericht.de/ent scheidung/2-azr-342-20/. hat die Frage, ob E-Mail-Korrespondenz vom Auskunftsanspruch umfasst ist, in der Revision des Klägers gegen das Urteil des LAG Niedersachsen dann aber offengelassen und die Frage zivilprozessual gelöst. Ein Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails sei nicht hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 II Nr. 2 ZPO, wenn die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, nicht so genau bezeichnet sind, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche E-Mails sich die Verurteilung bezieht. Ein Auskunftsanspruch müsse entweder mit einem hinreiKOLB, DATENSCHUTZRECHTLICHE AUSKUNFTSANSPRÜCHE MANDANT GEGEN ANWALT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 2/2022 65

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