BRAK-Mitteilungen 1/2022

RECHTSDIENSTLEISTUNGSGESETZ UNZULÄSSIGES ANGEBOT UNERLAUBTER RECHTSBERATUNG RDG §§ 2 I, 3; UWG §§ 3 I, 3a * 1. Über den Wortlaut des § 3 RDG hinaus erfüllt bereits das Angebot einer unerlaubten Rechtsdienstleistung den Rechtsbruchtatbestand des § 3a UWG, da schon das Erbieten zur Rechtsdienstleistung ohne entsprechende Erlaubnis die Gefahr begründet, der Empfänger des Angebots werde sich an einen nicht ausreichend qualifizierten Rechtsdienstleister wenden. * 2. Darauf, inwieweit ein Unternehmen die auf ihren Webseiten angebotenen und beworbenen Dienstleistungen tatsächlich erbracht hat, kommt es mithin im Ergebnis nicht an. LG Hamburg, Beschl. v. 8.11.2021 – 312 O 272/20 ZUM SACHVERHALT: Das beklagte Beratungsunternehmen bietet bundesweit Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Management von Immobilien, insb. Einzelhandelsfilialen, an, einschließlich der Leistungen einer Rechtsabteilung. Auf seiner Website bewarb die Bekl. u.a. „vollumfänglicher Pre-Merger, Due Diligence und Post M&A Integration support“, die „Erarbeitung ausschreibungsfähiger Vergabeunterlagen und internationaler Ausschreibung sowie Mietvertragsverhandlungen“ sowie die „... professionelle Bearbeitung all Ihrer Immobilienthemen“; dies umfasste ausweislich der Website u.a. die Verhandlung und den Abschluss von Mietverträgen sowie Mietvertragsverwaltung. Die klagende Rechtsanwaltskammer sah in dem Angebot der Bekl. eine unzulässige Rechtsdienstleistung, weil diese rechtliche Beratung anbiete, ohne zur Rechtsanwaltschaft zugelassen oder sonst nach dem RDG hierzu befugt zu sein. Mit ihrer Klage nahm sie die Bekl. auf Unterlassung der beanstandeten Angebote in Anspruch. Die Parteien schlossen einen gerichtlich festgestellten Vergleich (LG Hamburg, Beschl. v. 1.4.2021 – 312 O 272/20), in dessen Rahmen die Bekl. sich mittels strafbewehrter Unterlassungserklärung verpflichtete, es zu unterlassen, mittels der beanstandeten Aussagen Rechtsdienstleistungen zu erbringen, anzubieten und/ oder zu bewerben. Die Parteien erklärten den Rechtsstreit hinsichtlich des entsprechenden Klageantrags übereinstimmend für erledigt. AUS DEN GRÜNDEN: Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a I, 269 III 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung ist gem. den § 3 Hs. 1 ZPO, § 51 II GKG erfolgt. I. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu I. in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (vgl. Festgestellter Vergleich v. 1.4.2021, ...) und der Klageantrag zu II. durch die Kl. mit Schriftsatz v. 21.5.2021 ... vor mündlicher Verhandlung zurückgenommen wurde, war über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. 1. Hinsichtlich des Klageantrags zu I. waren der Bekl. gem. § 91a I 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen die Kosten aufzuerlegen, da die Bekl. ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht unterlegen wäre. Die mit der Klageschrift geltend gemachten Unterlassungsansprüche waren aus § 8 I 1 und III Nr. 2 UWG i.V.m. den §§ 3 I, 3a UWG und § 3 RDG begründet. Es bestand im Hinblick auf die Begehungsformen des Anbietens und des Bewerbens Wiederholungsgefahr und im Hinblick auf die Begehungsform der Vornahme jedenfalls Erstbegehungsgefahr. Die im Klageantrag zu I. 1 genannten Angaben (vgl. S. 2 ff. der Klageschrift), die die Bekl. auf ihrer Website veröffentlichte, verstoßen gegen § 3 RDG. Danach ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Die Bestimmung ist eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG, die mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar ist. Sie bezweckt, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen, § 1 I 2 RDG (vgl. BGH, Urt. v. 11.2.2021 – I ZR 227/19, Rn. 28, juris – Rechtsberatung durch Architektin; Urt. v. 31.3.2016 – I ZR 88/15 Rn. 18, juris; Urt. v. 14.1.2016 – I ZR 107/14 Rn. 12, juris – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler). Die Bekl. erbringt Rechtsdienstleistungen i.S.v. § 2 RDG. Nach § 2 I RDG ist Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Mit „Tätigkeit“ ist nicht die Gesamttätigkeit des Dienstleisters gemeint, angesprochen sind vielmehr die in diesem Rahmen erfolgten Einzelaktivitäten (Deckenbrock/Henssler/Deckenbrock/Henssler, 5. Aufl. 2021, § 2 RDG Rn. 16). Erfasst werden zudem alle Formen außergerichtlicher Rechtsdienstleistung. Das RDG findet daher auf die reine Raterteilung im Innenverhältnis ebenso Anwendung wie auf die Vertretung des Rechtsuchenden nach außen, sei es durch Verhandeln mit dem Gegner des Rechtsuchenden, durch einen Vertragsschluss als Vertreter oder durch Verhandlungen mit Behörden (BT-Drs. 16/3655, 46; Deckenbrock/Henssler/Deckenbrock/Henssler, 5. Aufl. 2021, RDG § 2 Rn. 17). Über den Wortlaut des § 3 RDG hinaus erfüllt bereits das Angebot einer unerlaubten Rechtsdienstleistung BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 45

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0