BRAK-Mitteilungen 1/2022

auch konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung von Onlineverfahren und Justizportalen. Die Diskussion über die Digitalisierung der Justiz und die Bereitschaft aller Beteiligten, die bereits begonnenen Digitalisierungsschritte weiter voranzutreiben, begrüßt die BRAK ausdrücklich. Mit dem seit Anfang 2022 verpflichtend zu nutzenden besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) habe die BRAK einen entscheidenden Beitrag zu diesem Prozess geleistet. Die Anwaltschaft als größte Berufsgruppe in der Rechtspflege sei damit zugleich Vorreiterin und Garantin einer funktionierenden digitalen Justiz. Konferenz „Anwaltschaft im Blick der Wissenschaft“ Um die Diskussion zur Digitalisierung der Justiz selbst voranzutreiben, widmeten die BRAK und das Institut für Prozess- und Anwaltsrecht der Universität Hannover die gemeinsam veranstaltete Online-Konferenz „Anwaltschaft im Blick der Wissenschaft“ am 12.11.2021 eben diesem Thema.11 11 S. dazu den Bericht von Lorenz, BRAK-Magazin 6/2021, 4; Informationen zur Konferenzreihe unter www.anwaltskonferenz.de. Unter dem Titel „Die Rolle der Anwaltschaft im Zivilprozess der Zukunft“ gab es Fachvorträge und Diskussionen zu unterschiedlichen Aspekten der Reformdiskussion: digitale Kommunikation im Zivilprozess, Rechtsschutzmöglichkeiten für zahlreiche Betroffene, den Spagat der Justiz zwischen sinkenden Eingangszahlen und zunehmenden Massenverfahren, den Rechtsschutz in der Fläche und die Rolle der Anwaltschaft hierbei. Die Keynote hielt BGH-Präsidentin Bettina Limperg. Reformvorschläge im Familien- und Erbrecht Die BRAK legte eine Reihe von Vorschlägen für eine Modernisierung des Familien- und Erbrechts in der 20. Legislaturperiode vor.12 12 BRAK-Stn.-Nr. 63/2021. Sie begrüßt ausdrücklich, dass sich die neue Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP in ihrem Koalitionsvertrag13 13 Zu den rechts- und berufspolitischen Zielen des Koalitionsvertrags s. Nachr. aus Berlin 24/2021 v. 1.12.2021. eine Reform des Familienrechts vorgenommen hat. Besonderen Reformbedarf sieht die BRAK in den Bereichen Abstammungsrecht, Reproduktionsmedizin und Leihmutterschaft, im Verfahren zu elterlicher Sorge, Umgang und Unterhalt, bei den Regelungen zum Wechselmodell, beim Ehegattensplitting und im Namensrecht. Im Erbrecht sind aus Sicht der BRAK besonders die Auskünfte im Pflichtteilsrecht sowie das Verfahren zur Erstellung notarieller Nachlassverzeichnisse reformbedürftig. Zu allen Themenbereichen unterbreitet die BRAK konkrete Vorschläge und identifiziert problematische Punkte. Überwiegend gehen die Vorschläge auf Arbeiten von Expertinnen- und Expertengruppen der BRAK aus der vergangenen Legislaturperiode zurück. Sie müssen nunmehr in den kommenden vier Jahren umgesetzt werden. Die Anwaltschaft wird bei weiteren Reformüberlegungen gerne ihre Expertise einbringen. Nichtzulassungsbeschwerde im familiengerichtlichen Verfahren In Familiensachen sowie in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit muss die Nichtzulassungsbeschwerde als Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts eingeführt werden. Dies forderte die BRAK in einer Initiativstellungnahme,14 14 BRAK-Stn.-Nr. 62/2021. in der sie den dringenden Reformbedarf deutlich macht und einen konkreten Formulierungsvorschlag unterbreitet. Verfahren nach dem FamFG sind zwar zivilgerichtlichen Verfahren gleichgestellt; die Nichtzulassungsbeschwerde wurde jedoch im Bereich des FamFG im Jahr 2002 abgeschafft. Einziges Rechtsmittel sei daher die von der Zulassung durch das Beschwerdegericht abhängige Rechtsbeschwerde. Die Zulassungspraxis der Oberlandesgerichte differiere jedoch stark und sei insgesamt zurückhaltend. Dies beeinträchtige im Ergebnis die Einheitlichkeit der Rechtsordnung und benachteilige Rechtsuchende im Familien- und Erbrecht, was auch verfassungsrechtlich zweifelhaft sei. Durch die Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde, über deren Zulassung der BGH entscheidet, könnten diese Missstände beseitigt werden. Videodokumentation im Strafprozess Die BRAK fordert eine Videodokumentation der gesamten strafrechtlichen Hauptverhandlung. Dies hat sie in ihrer Stellungnahme15 15 BRAK-Stn.-Nr. 61/2021. zum Bericht der noch vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in der abgelaufenen 19. Legislaturperiode eingesetzten Expertinnen- und Expertengruppe16 16 Bericht der Expertinnen- und Expertengruppe zur Dokumentation der strafrechtlichen Hauptverhandlung. ausgeführt. Eine Modernisierung der Dokumentation der Hauptverhandlung in Strafsachen hält die BRAK für überfällig; es sei dringend geboten, dass der Gesetzgeber hierfür die nötigen Infrastrukturmaßnahmen ergreife und die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffe. Neben detaillierten Forderungen zur Videodokumentation und deren Transkription befasst die BRAK sich ferner ausführlich mit den weiteren von der Expertinnen- und Expertengruppe untersuchten Aspekten, u.a. der Verwendung der Dokumentation im Revisionsverfahren sowie dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten. INFORMATIONEN DER BRAK Außergerichtliche Streitbeilegung Der BRAK-Ausschuss Außergerichtliche Streitbeilegung hat seine Informationsbroschüre zu den verschiedenen Hinweispflichten auf Mechanismen der außergerichtlichen Streitbeilegung17 17 Hinweispflichten für Rechtsanwälte zur alternativen Streitbeilegung (Stand: Oktober 2021). nach der Online Dispute Resolution-Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 524/201) und dem VSBG aktualisiert und überarbeitet. Eingearbeitet wurden dabei u.a. ein Urteil des EuGH zu Online-PflichtAUS DER ARBEIT DER BRAK BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 33

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