BRAK-Mitteilungen 1/2022

AUFSÄTZE DER ELEKTRONISCHE RECHTSVERKEHR ZUM JAHRESWECHSEL – RÜCKBLICK UND AUSBLICK RECHTSANWALT CHRISTOPH SANDKÜHLER* * Der Autor ist Rechtsanwalt in Hamm und Vorsitzender des Ausschusses beA-Anwenderbeirat der BRAK. Am 1.1.2022 ist mit der gesetzlichen Verpflichtung für sog. professionelle Einreicher, in gerichtlichen Verfahren alle Schriftsätze und deren Anlagen als elektronische Dokumente einzureichen, ein weiterer wichtiger Meilenstein in Richtung eines flächendeckenden elektronischen Rechtsverkehrs erreicht worden. Dies bietet Anlass, auf die Gesetzgebungsverfahren des Jahres 2021 zum elektronischen Rechtsverkehr und zur Digitalisierung der Abläufe in Justiz und Anwaltschaft zurückzuschauen, die neue Gesetzeslage seit dem 1.1.2022 näher zu beleuchten und einen Ausblick auf anstehende Digitalisierungsvorhaben zu wagen. I. EINFÜHRUNG Mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.20131 1 BGBl. 2013 I, 3786. hat der Gesetzgeber die Grundlage für die ausschließlich elektronische Kommunikation zwischen der Anwaltschaft und der Justiz gelegt. Die gesetzlichen Regelungen wurden vom Gesetzgeber mit Unterstützung der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz und unter Beteiligung der Anwaltschaft über viele Jahre hinweg ausgefeilt, um den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung gut begegnen zu können und sichere Rechtsgrundlagen zu schaffen. Die wesentliche Aufgabe für die Anwaltschaft seit der Verkündung des Gesetzes waren die organisatorische Vorbereitung, die technische Umsetzung und der Aufbau des Betriebs der besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (beA) sowohl zentral bei der BRAK als auch dezentral in den Kanzleien. Parallel dazu musste die Justiz ihre EGVP-Infrastruktur auf die Kommunikation mit der Anwaltschaft und damit rund 165.000 neuen Kommunikationspartnern ausrichten. Die Inbetriebnahme des beA-Systems durch die BRAK erfolgte am 28.11.2016. Seit diesem Stichtag verfügen alle zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte über ein empfangsbereites beA. Die sog. passive Nutzungspflicht des beA trat am 1.1. 2018 durch das Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 12.5. 20172 2 BGBl. 2017 I, 1121. in Kraft. Seitdem sind die Inhaber eines beA gem. § 31a VI BRAO verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen. Weitere wesentliche Meilensteine sind das Inkrafttreten der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs am 1.1.2022 sowie die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte in der Justiz zum 1.1. 2026. Spätestens am 1.1.2026 wird der Prozess der Einführung der verpflichtenden und ausschließlichen elektronischen Kommunikation zwischen Anwaltschaft und Justiz (sowie anderen Beteiligten, die hier aber nicht betrachtet werden sollen) abgeschlossen sein. Denn mit der Einführung der elektronischen Akte in der Justiz ist auch diese zur elektronischen Kommunikation mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten verpflichtet.3 3 Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs v. 5.7.2017, BGBl. 2017 I, 2208. Die einseitige Verpflichtung der Anwaltschaft wird dann beendet sein. II. RÜCKBLICK AUF 2021 Die Gesetzgebung rund um den elektronischen Rechtsverkehr stand im Jahr 2021 im Zeichen der Vorbereitung auf die aktive Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs. Verfahrensrechtliche Vorschriften wurden angepasst, Formatvorgaben für die Einreichung elektronischer Dokumente und berufsrechtliche Vorschriften geändert oder neu beschlossen, um den anwaltlichen Nutzerinnen und Nutzern die Kommunikation per beA zu erleichtern und an die Kanzleigegebenheiten anzupassen. Im Folgenden sollen die Gesetzesänderungen des Jahres 2021 betrachtet werden, die im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Pflicht zur aktiven Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs stehen. 1. DIE „GROSSE BRAO-REFORM“ Die sog. „große BRAO-Reform“ sieht auch Änderungen beim beA vor. Durch das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vom 7.7.2021 wurde ein neuer § 31b BRAO eingeführt.4 4 BGBl. 2021 I, 2363. BRAK-MITTEILUNGEN 1/2022 AUFSÄTZE 2

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