BRAK-Mitteilungen 5/2021

lich der beigezogenen Akte im Verfahren SG Lübeck, S 6 R 424/17, in einem richterlichen Hinweis v. 15.1.2018 der hiesigen Beigeladenen zu 1) empfohlen, den recht- zeitig vor Beginn der Erwerbstätigkeit gestellten Befrei- ungsantrag anzuerkennen. Die Zulassung zumindest einer für die Entscheidung über sog. Statusrechte zulässigen Feststellungsent- scheidung nach § 43 VwGO ( Kopp/Schenke , VwGO, Kommentar, 27. Aufl., § 43 VwGO Rn. 12) bietet nicht nur dem Syndikusrechtsanwalt und dessen Arbeitgeber, sondern insb. auch der Beigeladenen zu 1) die erforder- liche und dem Gesetzeszweck entsprechende Rechtssi- cherheit. Im feststellenden Teil ihres Verwaltungsaktes hatte die Bekl. dem Kl. bescheinigt, dass ihm, wäre seine Berufs- tätigkeit bei seinem Arbeitgeber nicht aufgegeben wor- den, mit Zustimmung der Deutschen Rentenversiche- rung Bund die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt er- teilt worden wäre. Dies dürfte dem Feststellungsinteres- se des Kl. entsprechen, da die Deutsche Rentenversiche- rung Bund analog § 46 II BRAO an diese Entscheidung gebunden wäre und den Kl. „auch ohne Zulassung der Bekl. Rechtsanwaltskammer“ (so ausdrücklich Huff , NJW 2018, 564) für die Zeit seiner Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber gem. § 6 SGB VI befreien müsste. Dies dürfte auch der ausgewerteten sozialgerichtlichen Rechtsprechung genügen. So hatte sich das Sozialgericht Berlin mit der Frage zu rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungs- pflicht befassen, ob eine rückwir- kende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht auch dann möglich ist, wenn das Arbeitsverhältnis schon beendet ist, also eine rückwirkende Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht mehr erteilt werden kann. Diese Frage wurde bejaht (SG Berlin, Urt. v. 11.1.2017 – S 11 ZR 645/16 WA, BeckRS 2017, 100268; Schafhausen , „Rückwirkende Befreiung von Syndikusrechtsanwälten vor April 2014“, NJW 2018,1135). In einer weiteren Entscheidung (Lan- dessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7.5.2013 – L18 R 1038/11 juris) heißt es: „Mit- glied einer RAK wird ein Volljurist nicht kraft Gesetzes wegen einer von ihm ausgeübten Tätigkeit, sondern auf seinen Antrag hin mit seiner Zulassung zur Anwalt- schaft und Aushändigung der Zulassungsurkunde bei Vorliegen der weiteren Zulassungsvoraussetzungen, § 12 I und III BRAO. Zwar gibt es keine gesetzliche Pflicht im engeren Sinn, bei Ausübung bestimmter Tä- tigkeiten einen entsprechenden Antrag zu stellen. Das führt indes nicht zu dem weder vom historischen Ge- setzgeber noch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes gewollten Ergebnis, dass grundsätzlich kein abhängig beschäftigter Rechtsanwalt mehr von der Versiche- rungspflicht bei der Bekl. zu befreien ist (s. für alle: Mann : Die „Friedensgrenze“ zwischen Anwaltsversor- gung und gesetzlicher Rentenversicherung, NJW 1996, 1315). Denn die Pflicht auf Stellung eines Antrags auf Zulassung zur Anwaltschaft und die daraus resultieren- de Mitgliedschaft in einer RAK muss in einem weiteren Sinn verstanden werden: Es muss eine Tätigkeit ausge- übt werden, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zu- gleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsan- waltskammer nach sich zieht. Das ist bei der von der Kl. ausgeübten Tätigkeit offensichtlich nicht der Fall.“ Im hier vorliegenden Fall ist unstreitig, dass der Kl. zumin- dest für den von ihm beantragten Zeitraum (1.10. bis zum 23.11.2017) als Syndikusrechtsanwalt zuzulassen gewesen wäre. Dem scheint zumindest derzeit auch das Sozialgericht Lübeck im dortigen Verfahren S 6 R 424/17 zu folgen, wenn es in der bereits angesproche- nen Verfügung an die hiesige Beigeladene zu 1) v. 15.1. 2018 heißt, dass man seitens des Sozialgerichtes die Rechtsansicht des Kl. für wesentlich überzeugender hal- te als die der Bekl. Der Kl. habe dort keinen Antrag auf rückwirkende Befreiung gestellt, sondern vielmehr einen solchen Antrag auf Befreiung „rechtzeitig vor Be- ginn der Tätigkeit“. Man bitte darum, „ernsthaft die Ab- gabe eines Anerkenntnisses zu prüfen“. Da die Beigeladene zu 1) dies jedoch in Abrede stellt und auch das Sozialgericht Lübeck allein die Erfüllung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Zulas- sung als Syndikusrechtsanwalt nach dem richterlichen Hinweis v. 24.7.2019, Anlage K18, noch nicht genügen lässt, liegt zugunsten des Kl. ein Feststellungsinteresse im tenoriertem Umfang vor. Die Einheit der Rechtsord- nung gebietet es nach Auffassung des Senates, §§ 46 II 1, III, IV, 46a I 1 Nr. 3 BRAO, § 231 IVb SGB VI aus Gründen der Gleichstellung zumindest dahingehend auszulegen, dass Personen, die rechtzeitig ihren befrei- ungsfähigen Zulassungsantrag als Syndikusrechtsan- walt gestellt haben, jedenfalls einen Feststellungsan- spruch im tenorierten Umfang haben, wenn sie vor Zu- lassung ihre Syndikustätigkeit beendet haben. Hieran ändert auch die von dem Vertreter der Beigela- denen zu 1) im Termin zur mündlichen Verhandlung zi- tierte Rechtsprechung des Bayrischen AGH v. 26.3. 2018 (Bay. AGH, Urt. v. 26.3.2018 – BayAGH I-1-4/17 juris) nichts, genau diese Frage ließ der Bayrische AGH aufgrund der Gegebenheiten des dortigen Falls aus- drücklich dahinstehen (BayAGH I, a.a.O., Rn. 26). HINWEISE DER REDAKTION: Anders als der AGH Schleswig-Holstein hat der AGH Baden-Württemberg (BRAK-Mitt. 2018, 112) ent- schieden, dass eine Zulassung zur Syndikusrechtsan- waltschaft auch nach Beendigung einer in Rede ste- henden Tätigkeit noch rückwirkend möglich ist. BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 5/2021 327

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