BRAK-Mitteilungen 4/2021

Fällen die Kunden des Arbeitgebers darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung i.S.v. § 3 BRAO er- bringt und dass ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 53 StPO zusteht. Klargestellt wird ausdrücklich, dass derartige Leistun- gen keine anwaltliche Tätigkeit i.S.v. § 46 II 1 BRAO dar- stellen (§ 46 VI 3 BRAO n.F.). Sie können also auch nicht zur Begründung eines Antrags auf Zulassung als Syndi- kusrechtsanwalt angeführt werden, für den eine über- wiegende anwaltliche Prägung der Tätigkeit erforder- lich ist. 31 31 Hierzu Flegler , BRAK-Mitt. 2021, 227 (in diesem Heft) m.w.N. VI. ELEKTRONISCHER RECHTSVERKEHR 1. beA FÜR BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFTEN Neben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten erhal- ten zugelassene Berufsausübungsgesellschaften künf- tig verpflichtend ein beA. Für mehrere Standorte bzw. für Zweigniederlassungen können Gesellschaften au- ßerdem fakultativ weitere beA-Postfächer beantragen. Dies regelt der neu eingeführte § 31b BRAO n.F., der ansonsten im Wesentlichen der Regelung für das beA in § 31a BRAO nachgebildet ist. Die Einführung des Ge- sellschaftspostfachs entspricht einem Wunsch der BRAK und kommt den praktischen Bedürfnissen insb. größerer bzw. überörtlicher Kanzleien entgegen, ihre elektronischen Posteingänge kanalisieren zu können. In § 31 BRAO und in der Rechtsanwaltsverzeichnis- und Postfachverordnung (RAVPV) wurde hierzu eine Reihe von Änderungen vorgenommen, welche die Einführung des Gesellschaftspostfachs umsetzen. So wird in § 1 II RAVPV n.F. geregelt, dass zugelassene Berufsaus- übungsgesellschaften (Nr. 1) sowie niedergelassene ausländische Berufsausübungsgesellschaften (Nr. 2) in die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern einzutra- gen sind. § 2 IV RAVPV n.F. sieht dazu vor, dass als Na- me der Kanzlei, Zweigstelle oder Berufsausübungsge- sellschaft die Bezeichnung einzutragen ist, unter der diese an ihrem jeweiligen Standort beruflich auftritt; dies kann auch eine Kurzbezeichnung sein. In dem aus den Verzeichnissen der Kammern gespeisten Gesamt- verzeichnis der BRAK nach § 31 BRAO können alle am Rechtsverkehr Beteiligten somit künftig – genauso wie dies bereits jetzt für Rechtsanwält*innen möglich ist – die Kontaktdaten und insb. die SAFE-IDs dieser Berufs- ausübungsgesellschaften nachschlagen. Das Gesellschaftspostfach fungiert als Schriftformer- satz i.S.d. § 130a III, IV ZPO und der parallelen Rege- lungen in den anderen Verfahrensordnungen sowie in der Schutzschriftenregisterverordnung. § 130a IV Nr. 2 ZPO und die Parallelregelungen wurden entsprechend ergänzt und umfassen künftig den Versand aus beA- Postfächern nach §§ 31a und 31b BRAO. Die Berufsausübungsgesellschaft muss hierzu der zustän- digen Kammer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte benennen, die berechtigt sein sollen, für die Gesellschaft elektronische Dokumente auf einem sicheren Übermitt- lungsweg ohne qualifizierte elektronische Signatur zu ver- senden (vgl. § 31b II BRAO n.F., § 21 III RAVPV n.F.). Ver- sendet also künftig eine als vertretungsberechtigt be- nannte Rechtsanwältin ein Dokument ohne qualifizierte elektronische Signatur aus dem Gesellschafts-beA, erfüllt dies genauso die prozessualen Schriftformerfordernisse wie wenn ein einzelner Rechtsanwalt ein Dokument aus seinem persönlichen beA versendet. 2. ZUGRIFFSRECHTE FÜR VERTRETUNGEN UND ZUSTELLUNGSBEVOLLMÄCHTIGTE Formal im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften 32 32 BGBl. 2021 I, 2154. wurde die neue Berufspflicht eingeführt, Zustellungsbevollmächtigten (§ 30 I 2, 3 BRAO n.F.) und Vertretungen (§ 54 II BRAO n.F.) einen Zugang zum beA des von der Kanzleipflicht befreiten bzw. vertretenen Rechtsanwalts einzuräumen. Der Zustellungsbevoll- mächtigte oder die Vertretung muss zumindest befugt sein, Posteingänge zur Kenntnis zu nehmen und elektro- nische Empfangsbekenntnisse abzugeben. Folgeände- rungen wurden in der RAVPV vorgenommen. Diese Ver- pflichtung gilt bereits seit dem 1.8.2021. 3. POSTFÄCHER FÜR STEUERBERATER*INNEN SOWIE BÜRGER*INNEN UND ORGANISATIONEN Das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der an- waltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsge- sellschaften treibt auch den Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) weiter voran. Die Bundessteuerbe- raterkammer soll ab dem 1.1.2023 33 33 Vgl. § 157e StBerG n.F. eine digitale Steu- erberaterplattform aufbauen (§ 86c StBerG n.F.). Als de- ren erste Ausbaustufe wird für Steuerberater*innen ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) geschaffen, das wie das beA eine sichere Kommunika- tion mit anderen Teilnehmer*innen am ERV – also insb. mit Rechtsanwält*innen, Gerichten und Behörden – er- möglicht (§§ 86d ff. StBerG n.F.). Es ist im Wesentlichen parallel zum beA gestaltet, der Zugang wird jedoch über die Steuerberaterplattform und nicht über ein Pen- dant zur beA-Karte erfolgen. Die Steuerberater*innen werden verpflichtet, sich hierfür zu registrieren. Zudem gilt ab dem 1.1.2023 eine passive Nutzungspflicht für das beSt (§ 86d VI StBerG n.F.). Wie das beA beinhaltet das beSt einen vertrauenswür- digen Herkunftsnachweis und bestätigt tagesaktuell die Zulassung als Steuerberater*in. Seine Nutzung ersetzt die Schriftform (§ 86g StBerG n.F.) und ist als sicherer Übermittlungsweg i.S.v. § 130a III, IV ZPO und den Pa- rallelvorschriften in den anderen Prozessordnungen auch prozessual schriftformwahrend. Mit dem beSt für Steuerberater*innen wird zugleich auch ein Gesell- schaftspostfach für Steuerberatungsgesellschaften ein- geführt (§ 86e StBerG n.F.). BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 AUFSÄTZE 222

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0