BRAK-Mitteilungen 4/2021

ausübungsgesellschaften wurden weitgehend einheit- liche, rechtsformneutrale Regelungen geschaffen. Aus- drücklich zulässig sind nach § 59b I 2 BRAO n.F. auch Ein-Personen-Gesellschaften. Künftig sind nach § 59b II BRAO n.F. Zusammenschlüs- se in sämtlichen Rechtsformen nach deutschem Recht – einschließlich der bislang ausgeschlossenen Handelsge- sellschaften – zulässig, außerdem Europäische Gesell- schaften und Gesellschaften in einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zulässigen Rechtsform. Möglich sind daher insb. auch die Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG so- wie -UG & Co. KG, denn § 59i BRAO n.F. erlaubt künftig auch Beteiligungen von Rechtsanwaltsgesellschaften an anderen Gesellschaften. 10 10 Dazu unten 6. Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften ist durch das parallel mit der BRAO-Reform verabschiede- te, aber erst zum 1.1.2024 in Kraft tretende Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts aus- drücklich vorgesehen, soweit das jeweilige Berufsrecht dies zulässt (vgl. § 107 I HGB n.F.). Mit § 59b II BRAO n.F. wurde diese Öffnung vorgezogen. 2. ZULASSUNGSPFLICHT Berufsausübungsgesellschaften bedürfen künftig nach § 59f I 1 BRAO n.F. der Zulassung durch die Rechtsan- waltskammer. Das gilt nicht für Personengesellschaften ohne Beschränkung der persönlichen Haftung der Ge- sellschafter (§ 59f I 2 BRAO n.F.); diese können aber freiwillig die Zulassung beantragen. Sofern sie ein be- sonderes elektronisches Anwaltspostfach für die Gesell- schaft möchten, ist dies nur mit Zulassung möglich. 11 11 Dazu näher unten VI.1. Die Zulassung setzt u.a. voraus, dass eine Berufshaft- pflichtversicherung nachgewiesen wird (§§ 59f II Nr. 3, 59n, 59o BRAO n.F.). 3. SOZIETÄTSFÄHIGE BERUFE Zugelassen werden nur Zusammenschlüsse mit Ange- hörigen sozietätsfähiger Berufe, deren Kreis in § 59c BRAO n.F. im Vergleich zum früheren Recht erheblich er- weitert wurde. Diese Erweiterung ist eine Nachwirkung der Apotheker-Entscheidung des BVerfG, 12 12 BVerfG, Beschl. v. 12.1.2016 – 1 BvL 6/13, BRAK-Mitt. 2016, 78. das die bis- herige Regelung in § 59a I 1 BRAO für nichtig erklärte, soweit sie Zusammenschlüsse mit Ärzten und Apothe- kern untersagt. Wie weit der Kreis zu öffnen sein soll, war in der Folge dieser Entscheidung und im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens lebhaft umstritten. 13 13 S. exemplarisch wiederum Kury , BRAK-Mitt. 2021, 7, 8 sowie Henssler/Decken- brock, AnwBl. 2016, 211 (Besprechung der Apotheker-Entscheidung des BVerfG). Die Verbindung zur gemeinschaftlichen Berufsausübung ist Anwält*innen künftig – wie schon bisher – gestattet mit Mitgliedern einer Rechtsanwalts- oder Patentanwalts- kammer, Steuerberater*innen und Steuerbevollmächtig- ten, Wirtschaftsprüfer*innen und vereidigten Buchprü- fer*innen (§ 59b I Nr. 1 BRAO n.F.). Zudem ist ein Zusam- menschluss mit nach dem EuRAG oder nach § 206 BRAO zur Niederlassung in Deutschland berechtigten ausländi- schen Rechtsanwält*innen (§ 59b I Nr. 2 BRAO n.F.) und mit ausländischen Patentanwält*innen, Steuerberater*in- nen, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer*innen und vereidigten Buchprüfer*innen zulässig, soweit diese sich mit ihren deutschen Pendants beruflich verbinden dürfen (§ 59b I Nr. 3 BRAO n.F.). Der Kreis der sozietätsfähigen Berufe in § 59c I Nr. 4 BRAO n.F. wurde zudem auf sämtliche freien Berufe i.S.v. § 1 II PartGG erweitert. Hierzu zählen neben Ärzt- *innen und anderen Heilberufen insb. beratende Volks- und Betriebswirt*innen, Ingenieur*innen und Architekt- *innen, hauptberufliche Sachverständige und Journalist- *innen, aber auch nicht explizit in § 1 II 2 PartGG ge- nannte Berufe wie etwa Mediator*innen. 14 14 Vgl. Begr. RegE, BT-Drs. 19/27670, 177. Dies gilt je- doch nicht, wenn die Verbindung mit dem Anwaltsberuf und insb. der Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege unvereinbar ist oder das Vertrauen in die anwaltliche Unabhängigkeit gefährden kann (§ 59c I Nr. 4 Hs. 2 BRAO n.F.). Schwierigkeiten in der prakti- schen Anwendung dürften hier vorgezeichnet sein. Die nicht-anwaltlichen Gesellschafter sind verpflichtet, die anwaltliche Unabhängigkeit zu wahren. Sie unterlie- gen ferner hinsichtlich aller Umstände, die ihnen aus ih- rer Tätigkeit für die Berufsausübungsgesellschaft im Zu- sammenhang mit rechtlicher Beratung und Vertretung bekannt werden, der Verschwiegenheit. Auch das Ver- bot der Vertretung widerstreitender Interessen gilt für sie (vgl. § 59d I-III BRAO n.F.). Zudem muss der Gesell- schaftsvertrag vorsehen, dass Gesellschafter ausge- schlossen werden, die wiederholt oder schwerwiegend gegen Berufspflichten verstoßen (§ 59c V BRAO n.F.). 4. BERUFSAUSÜBUNGSGESELLSCHAFT ALS SUBJEKT BERUFSRECHTLICHER PFLICHTEN Bislang sind nur Rechtsanwält*innen und Rechtsanwalts- gesellschaften (GmbH, AG), nicht aber Zusammenschlüs- se in anderen Rechtsformen Subjekte berufsrechtlicher Pflichten. Künftig sind auch Berufsausübungsgesellschaf- ten Trägerinnen von Berufspflichten. Für sie gelten künf- tig gem. § 59e I BRAO n.F. insb. die anwaltlichen Grund- pflichten nach §§ 43-43b BRAO sinngemäß. Anwendbar sind außerdem u.a. die – zum 1.10.2021 durch das Ge- setz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im In- kassorecht 15 15 BGBl. 2020 I, 3320. deutlich erweiterten – Darlegungs- und In- formationspflichten bei Inkassodienstleistungen gem. § 43d BRAO, bestimmte Tätigkeitsverbote aufgrund von Vorbefassung (§ 45 I Nr. 2 und 3 BRAO) sowie die Pflicht zur Übernahme von Prozessvertretung und Beratungshil- fe (§§ 48, 49a ff. BRAO). Zudem unterliegt auch die Gesellschaft selbst künftig berufsrechtlichen Sanktionen; § 59e I BRAO n.F. erklärt NITSCHKE, DIE GROSSE BRAO-REFORM IM ÜBERBLICK AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2021 219

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