BRAK-Mitteilungen 3/2021

abdingbar für die Ausübung des Berufs ist und damit typischerweise im eigenen Interesse des Rechtsan- walts liegt. Aus den Ausführungen des BFH kann weiter geschlos- sen werden, dass wenn ein angestellter Rechtsanwalt als sog. Scheinsozius zu beurteilen ist, weil er beispiels- weise auf dem Briefkopf ohne besondere Kenntlichma- chung aufgeführt ist, auch der Beitrag, der auf den über die Mindestversicherungssumme hinausgehenden Ver- sicherungsschutz entfällt, Arbeitslohn darstellt. Dage- gen stellen die Beiträge für die eigene Versicherung einer Rechtsanwaltsgesellschaft keinen Arbeitslohn dar, wenn für die angestellten Rechtsanwälte gesonderte Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen beste- hen (vgl. BFH, Urt. v. 19.11.2015, BStBl. II 2016, 303 – VI R 74/14; Urt. v. 10.3.2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621). Eine Übernahme der Prämien dieser Versi- cherungen stellt dann aber wiederum Arbeitslohn dar. Dieselbe Differenzierung ist vorzunehmen, wenn die Rechtsanwaltssozietät selbst über keine Versicherung verfügt, sondern – wie im Verfahren VI R 11/18 – Bei- träge für eine von einer angestellten Rechtsanwältin abgeschlossenen Versicherung von der Sozietät über- nommen werden: Die auf die gesetzliche Mindestde- ckung entfallenden Prämienanteile stellen Arbeitslohn dar, während darüber hinausgehende Prämienanteile nur bei Beurteilung der Rechtsanwältin als Scheinso- zia Arbeitslohn wären. Aus den vom BFH getroffenen Differenzierungen kön- nen bereits Rückschlüsse auf das beim BFH noch an- hängige Revisionsverfahren VI R 32/19 (Vorinstanz: FG Nürnberg, Urt. v. 27.2.2019 – 5 K 1199/17, EFG 2019, 979) gezogen werden. Die dort zu klärende Rechtsfrage, ob die Zahlung der Beiträge zur Berufs- haftpflichtversicherung von angestellten Rechtsanwäl- ten durch den Arbeitgeber auch insoweit Arbeitslohn ist, als der Arbeitgeber von den angestellten Rechts- anwälten einen die Mindestversicherungssumme in Höhe von 250.000 Euro übersteigenden Versiche- rungsschutz fordert, dürfte nach der Rechtspre- chungslinie des BFH – ohne seine Entscheidung vor- wegnehmen zu wollen – verneint werden. Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht und Steuerberaterin Judith Mehren, Dipl. Finanzwirtin (FH), Bonn SONSTIGES SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHT DES GESELLSCHAFTER-GESCHÄFTSFÜHRERS EINER STEUERBERATUNGSGESELLSCHAFT SGB IV §§ 7 I, 7a I, 2; SGB VI § 6 * Aufgrund seiner Weisungsgebundenheit ist der Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft grundsätzlich abhängig beschäftigt. Hieran ändert auch seine freiberufliche Tätigkeit als Steuerberater nichts. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn der Berufsträger die notwendige gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht hat, um die Geschicke der GmbH maß- geblich zu gestalten oder ihm nicht genehme Wei- sungen zu verhindern. BSG, Urt. v. 7.7.2020 – B 12 R 17/18 R AUS DEM TATBESTAND: [1] I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kl. in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Beigel.) v. 1.9.2010 bis zu seinem Aus- scheiden aus der Gesellschaft am 1.5.2018 als Beschäf- tigter versicherungspflichtig nach dem Recht der Ar- beitsförderung war. [2] Der Kl. ist Steuerberater und war einer von vier Ge- sellschafter-Geschäftsführern der Beigel. Sie betreuten jeweils einen eigenen Mandantenstamm. Von den Ge- schäftsanteilen hielt der Kl. 25 v.H., sein Vater 0,954 v.H. und die beiden weiteren Gesellschafter je 37,02 v.H. Nach § 9 der Satzung i.V.m. dem notariellen Gesellschafterbeschluss v. 5.4.2000 wurden Gesell- schafterbeschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehr- heit gefasst; die Abstimmung in der Gesellschafterver- sammlung erfolgte unabhängig vom Umfang der Stammeinlage gleichberechtigt nach der Anzahl der Gesellschafter. [3] Am 10.8.2010 vereinbarten der Kl. und sein Vater in Anwesenheit der anderen Gesellschafter einen notariell beurkundeten Verfügungs- und Stimmrechtspool i.S.v. § 13b I Nr. 3 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerge- setz (ErbStG) als Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Gesamthandsvermögen. Nach der Poolvereinba- rung (PV) waren die Mitglieder des Pools verpflichtet, das sich aus ihren GmbH-Anteilen ergebende Stimm- recht gegen nicht gebundene Gesellschafter entspre- chend einem jeweils zuvor gefassten Beschluss der bei- den Poolmitglieder über die Abstimmung in der Gesell- schafterversammlung einheitlich durch den Kl. auszu- üben (Abschn. III Nr. 2c, d PV). [4] Am 1.9.2010 schlossen der Kl. und die Beigel. einen Geschäftsführeranstellungsvertrag (im Folgenden: GF- AV). Danach hatte der Kl. seine volle Arbeitskraft zur Ver- fügung zu stellen. Er durfte entgeltliche Nebentätigkeiten nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Beigel. ausüben, und erhielt eine Festvergütung als Geschäfts- SONSTIGES BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 208

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