BRAK-Mitteilungen 3/2021

BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN *LEITSATZ DER REDAKTION (ORIENTIERUNGSSATZ) VERSPÄTETE LÖSCHUNG EINES VORLÄUFIGEN BERUFSVERBOTS IM ANWALTSVERZEICHNIS BRAO § 31; StPO § 132a * 1. Für einen Rechtsanwalt stellt die Eintragung eines Berufsverbots in das Anwaltsverzeichnis einen Verwaltungsakt dar. * 2. In Fällen tiefgreifender, tatsächlich jedoch nicht fortwirkender Grundrechtseingriffe, kann es das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 IV GG gebieten, die Rechtmäßigkeit des Eingriffs ge- richtlich klären zu lassen, wenn sich die direkte Be- lastung durch den angegriffenen Hoheitsakt nach dem typischen Verfahrenslauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene gerichtliche Entscheidungen kaum erlangen kann. Niedersächsischer AGH, Gerichtsbescheid v. 28.1.2021 – AGH 7/ 19 (II 4/25.2) AUS DEN GRÜNDEN: I. Der Kl. ist als Rechtsanwalt mit Sitz im Bezirk der Bekl. zugelassen und daher deren Mitglied. Im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kl. ordnete das AG ... Ermittlungsrichter mit Beschluss v. 9.4.2019 ein vorläufiges Berufsverbot gegen den Kl. gem. § 132a StPO an. Nachdem der Bekl. diese Anord- nung bekannt war, veranlasste sie am 3.5.2019 einen entsprechenden Eintrag zur Person des Antragstellers im bundesweiten amtlichen Anwaltsverzeichnis, aus dem die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots ersichtlich war. Des weiteren bestellte die Bekl. mit Bescheid v. 22.5.2019 Rechtsanwalt ... und am 29.5.2019 stattdes- sen Rechtsanwalt ... zum Vertreter des Kl. in dessen Ge- schäften als Rechtsanwalt gem. § 53 V BRAO. Auch die- se Bestellungen wurden im amtlichen Anwaltsverzeichnis auf Veranlassung der Bekl. eingetragen. Der Kl. hatte, nachdem die Anordnung des vorläufigen Berufsverbots unanfechtbar geworden war, gegen die- se Entscheidung Verfassungsbeschwerde zum BVerfG erhoben. Dieses setzte im Wege der einstweiligen An- ordnung durch Kammerbeschluss v. 19.7.2019 die Voll- ziehung des Beschlusses des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts ... v. 9.4.2019 vorläufig aus. Dieser Be- schluss wurde noch am selben Tag dem Kl. als einzigem formell Beteiligten des Verfahrens durch Übersendung einer Beschlussabschrift per Telefax bekannt gemacht. Der Kl. übersandte diesen Beschluss dann am gleichen Tage, also noch im Laufe des 19.7.2019, mit Begleit- schreiben per Telefax an die Bekl., wobei er ausdrücklich beantragte, die Vertreterbestellung aufzuheben. Nachdem die Bekl. auch in der Folge von unmittelbaren Telefonaten zwischen dem Kl. und dem Geschäftsführer der Bekl. nicht sogleich zur Aufhebung der Vertreterbe- stellung und zur Löschung der Vermerke über das vor- läufige Berufsverbot und der Vertreterbestellung bereit war, stellte der Kl. am 23.7.2019 beim Niedersächsi- schen AGH den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 I 2 VwGO, wobei er begehrte, der Bekl. auf diesem Wege aufzugeben, die Eintragung des vorläufigen Berufsverbots und die Eintragung des Vertreters im bundesweiten anwaltlichen Anwaltsver- zeichnis zu löschen, ferner die Vertretungsbestellung zu widerrufen und aufzuheben. Dieses Verfahren wurde beim Niedersächsischen AGH vom 2. Senat unter dem Aktenzeichen AGH 6/19 (Il 3/25) geführt. Die Bekl. wurde in diesem Verfahren wegen Eilbedürf- tigkeit telefonisch angehört. Nach Hinweisen des Se- nats veranlasste die Bekl. am 26.7.2019 die Löschung der Eintragung des vorläufigen Berufsverbots und der Vertretungsbestellung und hob darüber hinaus die Ver- treterbestellungen auf. Daraufhin erklärten beide Par- teien den Rechtsstreit für erledigt und stellten wechsel- seitige Kostenanträge. Durch Beschl. v. 12.8.2019 er- klärte der AGH das Verfahren in der Hauptsache für er- ledigt und stellte es ein. Der Bekl. wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zugleich mit seiner Erledigungserklärung erhob der Kl. eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Er vertritt die Auf- fassung, die ursprüngliche Weigerung der Bekl., im Hin- blick auf die Entscheidung des BVerfG v. 19.7.2019 die Löschung des Berufsverbots sowie die Vertreterbestel- lung der Rechtsanwälte ... und ... sowie deren Löschung im Anwaltsverzeichnis seien rechtswidrig gewesen. Er, der Kl., habe insoweit ein rechtliches Feststellungsinte- resse und beantragt, wie erkannt. Die Bekl. beantragt, die Fortsetzungsfeststellungsanträ- ge zurückzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, die Klage sei unzulässig und mangels eines Feststellungsinteresses auch unbegründet. Die Verfahrensakte AGH 6/19 (II 3/25) war beigezogen und lag dem Senat bei der Entscheidung vor. Il.1. Über den Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden. Gemäß § 84 I 1 VwGO kann das Gericht ohne münd- liche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tat- sächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sach- verhalt geklärt ist. Nach Überzeugung des Senats lie- gen diese Voraussetzungen vor. Die Beteiligten wurden BERUFSRECHTE UND PFLICHTEN BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG 172

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