BRAK-Mitteilungen 3/2021

pflicht entbunden habe, indem er ihm die Korrespon- denz mit der Rechtsschutzversicherung überließ. 2. HAFTUNG DES RECHTSANWALTS GEGENÜBER DER RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG Erneut hat ein OLG die Verpflichtung des Rechtsan- walts, auch den rechtsschutzversicherten Mandanten auf geringe Erfolgsaussichten einer Klage oder eines Rechtsmittels hinzuweisen, hervorgehoben. In seinem Urteil vom 3.3.2020 hat das OLG Köln 24 24 OLG Köln, Urt. v. 3.3.2020 – 9 U 77/19, RVGreport 2020, 238. in Überein- stimmung mit einer sich zunehmend verfestigenden OLG-Rechtsprechung einen Schadensersatzanspruch der Rechtsschutzversicherung gegen den Anwalt be- jaht, weil dieser den Mandanten nicht hinreichend deut- lich auf die Wahrscheinlichkeit des Prozessverlustes hin- gewiesen habe, die hier sehr hoch gelegen habe. Eine von vorne herein aussichtslose Klage dürfe nicht erho- ben werden, ohne zuvor den Versicherungsnehmer aus- reichend und eindringlich über die fehlenden Erfolgs- aussichten zu belehren, und zwar unter Hinweis darauf, dass die Rechtsschutzversicherung zur Gewährung von Deckungsschutz für eine aussichtslose Klage nicht ver- pflichtet ist. Dies gelte auch dann, wenn die Rechts- schutzversicherung die Deckungszusage bereits erteilt habe. Daraus ergebe sich insbesondere kein Mitver- schulden der Rechtsschutzversicherung. Das OLG Köln hat den Rechtsanwalt zur Erstattung der gesamten ge- zahlten Anwalts- und Gerichtskosten unter Abzug einer vorgerichtlich angefallenen Geschäftsgebühr verurteilt. Die obergerichtliche Rechtsprechung stellt in Schadens- ersatzverfahren der Rechtsschutzversicherer zuneh- mend sehr hohe Anforderungen an die Belehrungs- pflichten des Anwalts. Es empfiehlt sich, auch bei be- reits erteilter Deckungszusage bei erkennbar schlech- ten Erfolgsaussichten die entsprechende Belehrung des Mandanten schriftlich zu dokumentieren. PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT RECHTSANWÄLTIN ANTJE JUNGK, RECHTSANWÄLTE BERTIN CHAB UND HOLGER GRAMS * Die Autorin Jungk ist Leitende Justiziarin, der Autor Chab Leitender Justiziar bei der Allianz Deutschland AG, München; der Autor Grams ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht in München. In jedem Heft der BRAK-Mitteilungen kommentieren die Autoren an dieser Stelle aktuelle Entscheidungen zum anwaltlichen Haftungsrecht. HAFTUNG RECHTSSCHUTZBEDÜRFNIS EINER HAFTPFLICHTKLAGE BEI NOCH LAUFENDEM VORPROZESS 1. Ist in einem Rechtsstreit die Frage, ob die erhobe- ne Einrede der Verjährung Erfolg hat, noch nicht entschieden und vertritt der Kläger dort den Stand- punkt, es sei Verjährung noch nicht eingetreten, fehlt einer bereits parallel dazu anhängig gemach- ten Leistungsklage gegen den Rechtsanwalt, der die Verjährung möglicherweise zu vertreten hat, das Rechtsschutzbedürfnis. 2. Läuft bei Beendigung des Mandats die Verjäh- rungsfrist bezüglich etwaiger Ansprüche des Man- danten noch jedenfalls ein Jahr und fünf Monate, besteht kein konkreter Anlass, auf diese Frist hinzu- weisen. 3. Besteht die Weisung des Mandanten, die Erhe- bung einer Zahlungsklage noch zurückzustellen, so ist es nicht pflichtwidrig, diese bis zur Mandatsbeen- digung zu beachten, wenn Verjährung nicht droht. (eigene Ls.) OLG Brandenburg, Urt. v. 18.2.2021 – 4 U 129/20 Prägend für die Mandatsbeziehung und den sich da- raus schließlich ergebenden Regressanspruch war of- fenkundig die Tatsache, dass es sich beim Mandanten um die öffentliche Hand handelte. Diese hatte ver- meintliche Ansprüche gegen einen Vermessungsingeni- eur aus einem beendeten Werkvertrag. Die im Rahmen des Auftrags zu erstellenden Unterlagen sollten heraus- gegeben werden. Fraglich waren sodann sich daraus ergebende Zahlungsansprüche. Die zuständigen Refe- renten im Landesamt wollten sich deshalb zunächst auf die Herausgabe dieser Unterlagen konzentrieren und wiesen den eingeschalteten Rechtsanwalt, den hiesigen Beklagten, an, vorerst keine Schadenersatzklage zu fer- tigen. Sodann wurde im September 2006 eine Stufenklage vor dem LG auf Auskunft und Herausgabe erhoben. Als das Verfahren vom LG an das VG verwiesen wurde, kündig- te die Mandantin das Mandat mit dem Hinweis auf die nun mögliche Eigenvertretung vor den Verwaltungsge- richten. Erst im Jahr 2011 wurde dann durch eine ande- re, nunmehr doch wieder eingeschaltete Kanzlei ein be- zifferter Schadenersatzanspruch gegen den Vermes- sungsingenieur eingeklagt. Nach Abtrennung wurde JUNGK/CHAB/GRAMS, PFLICHTEN UND HAFTUNG DES ANWALTS – EINE RECHTSPRECHUNGSÜBERSICHT AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 159

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