BRAK-Mitteilungen 4/2020

sowie auf aufgrund von Beschwerdeeingängen leiten die Kammern Beschwerdeverfahren ein, die sie bei ge- ringem Verschulden selbst mit Rüge (§ 74 I BRAO) ab- schließen, soweit das Verfahren nicht einzustellen ist. Anderenfalls leiten sie den Beschwerdevorgang der Ge- neralstaatsanwaltschaft zur Einleitung des anwaltsge- richtlichen Verfahrens zu. Anwaltsgerichtliche Maßnahmen sind gem. § 114 I BRAO die Warnung, der Verweis, die Geldbuße bis zu 25.000 Euro, das Tätigkeitsverbot auf bestimmten Rechtsgebieten für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren sowie die Ausschließung aus der Anwaltschaft. Insoweit besteht eine eigenständige Gerichtsbarkeit: Für die Entscheidungen ist in erster Instanz das An- waltsgericht zuständig, gegen dessen Beschlüsse und Urteile ist der Anwaltsgerichtshof Beschwerde- bzw. Be- rufungsinstanz und über die Revision gegen Urteile des Anwaltsgerichtshofs entscheidet der BGH. Flankiert werden die Regelungen über anwaltsgerichtliche Maß- nahmen von Berufs- und Vertretungsverboten als vor- läufige Maßnahmen. Die Zuständigkeit und der Aufbau der Gerichte (auch für verwaltungsrechtliche Anwalts- sachen) sind im 5. Teil der BRAO geregelt, die Ahndung von Pflichtverletzungen und das anwaltsgerichtliche Verfahren samt vorläufiger Maßnahmen sind im 6. und 7. Teil geregelt. 2. MODIFIKATIONEN FÜR INSOLVENZVERWALTER Das vorstehend skizzierte System findet nach dem Re- gelungsvorschlag auch auf die Insolvenzverwalter An- wendung und bedarf insoweit nur weniger Modifikatio- nen. Zunächst werden nach dem Regelungsvorschlag die §§ 58 und 59 InsO dahingehend ergänzt, dass das Insolvenzgericht Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen einen Insolvenzverwalter sowie die Entlassung des Insolvenzverwalters der Rechtsan- waltskammer mitzuteilen hat, damit sichergestellt ist, dass die Kammer unmittelbar entsprechende Kenntnis von Pflichtverletzungen erlangt und ein berufsrecht- liches Beschwerdeverfahren einleiten kann. Als anwaltsgerichtliche Maßnahme sieht § 114 I Nr. 4 BRAO das Verbot vor, für eine bestimmte Dauer „auf bestimmten Rechtsgebieten als Vertreter und Beistand“ tätig zu werden. Da der Insolvenzverwalter weder „auf bestimmten Rechtsgebieten“ tätig wird noch „als Ver- treter und Beistand“, ist die Norm tätigkeitsspezifisch dahingehend zu ergänzen, dass dem Insolvenzverwal- ter als anwaltsgerichtliche Maßnahme verboten wer- den kann, „in bestimmten Verfahrensarten“ tätig zu werden. § 47a II 4 BRAO-V stellt in diesem Zusammen- hang klar, dass an die Stelle der Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft i.S.v. § 114 I Nr. 5 BRAO das Verbot tritt, als Insolvenzverwalter tätig zu sein und dass mit Rechtskraft dieser Entscheidung die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer erlischt. § 114a I BRAO regelt, dass der Rechtsanwalt, gegen den ein Vertretungsverbot verhängt wurde, auf dem ihm untersagten Rechtsgebiet nicht als Vertreter und Beistand tätig werden darf. Die Norm wird im BRAO-V dahingehend ergänzt, dass der Insolvenzverwalter in der ihm untersagten Verfahrensart keine Bestellung an- nehmen darf. In § 114a III BRAO, der die Zurückwei- sung des entgegen einem Tätigkeitsverbot auftreten- den Rechtsanwalts durch die Gerichte und Behörden re- gelt, wird im BRAO-V ergänzt, dass das Insolvenzge- richt einen Insolvenzverwalter, der entgegen einem Ver- bot eine Bestellung annimmt, aus dem Amt entlassen soll. Entsprechende Modifikationen sehen auch die §§ 155 III, 156 II und 161a I BRAO-V für vorläufige Be- rufs- und Tätigkeitsverbote vor. V. ERGÄNZENDE REGELUNGEN Insolvenzverwalter, die z.B. aus Altersgründen keine neuen Bestellungen anstreben und nur noch die aktuell betreuten Insolvenzverfahren abschließen wollen, müs- sen sich nach dem Regelungsvorschlag weder in die Verzeichnisse eintragen lassen, noch (als nicht-anwalt- liche Insolvenzverwalter) in die Kammer aufnehmen las- sen. Insoweit sieht der Regelungsvorschlag in einem neuen Art. 103k EGInsO vor, dass diese Personen die In- solvenzverwalter-Tätigkeit in Verfahren, in denen sie zu einem bestimmten Stichtag bereits bestellt sind, unter der Bezeichnung „Verfahrens-Insolvenzverwalter“ wei- ter ausüben dürfen, auch soweit sie nicht als Insolvenz- verwalter in die Verzeichnisse eingetragen sind. Die Bezeichnung des „Insolvenzverwalters“ bedarf künf- tig besonderen Schutzes, da sich nach dem Regelungs- vorschlag nur noch als Insolvenzverwalter bezeichnen darf, wer die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt. Dementsprechend wird die Bezeichnung „Insolvenzver- walter“ nach dem Regelungsvorschlag in den von § 132a StGB geschützten Katalog von Berufen aufge- nommen, deren unbefugte Führung strafbar ist. Wenngleich für den Insolvenzverwalter eine (modifizier- te) Verschwiegenheitspflicht gilt, 21 21 S. oben III. gebietet es sein Ver- hältnis zu den Beteiligten – anders als beim mandats- führenden niedergelassenen Rechtsanwalt – nicht, ihm im selben Umfang strafprozessuale Zeugnisverweige- rungsrechte und Beschlagnahmeverbote zuzuerkennen. Vor diesem Hintergrund sieht der Regelungsentwurf vor, in § 53 I Nr. 3 StPO auf den auch das Beschlagnah- meverbot des § 97 StPO Bezug nimmt, die Insolvenzver- waltertätigkeit ausdrücklich auszunehmen, wie das der Gesetzgeber schon für den Syndikusrechtsanwalt gere- gelt hat. VI. FAZIT Einer eigenständigen Regelung des Insolvenzverwalter- Berufsrechts in einem gesonderten Gesetz unter Einrich- tung eigener Aufsichtsbehörden und Zuweisung zu POHLMANN, BERUFSRECHT DER INSOLVENZVERWALTER – REGELUNGSVORSCHLAG VON BRAK UND DAV AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 179

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