BRAK-Mitteilungen 4/2020

Vorteil, dass Kommentarliteratur und vielfach Recht- sprechung existieren, die bei Auslegungsfragen heran- gezogen werden können, so dass trotz Neuerung für al- le Beteiligten von Anfang an ein hohes Maß an Rechts- sicherheit besteht. Status-, verfahrens- und disziplinar- rechtlich finden auf die Insolvenzverwalter im Übrigen die bereits bestehenden Regelungen in der BRAO An- wendung. Letztlich kommt der komplette Neurege- lungsvorschlag mit vier neuen Paragraphen und neun Anpassungen aus. II. ZUGANG ZUR INSOLVENZVERWALTER- TÄTIGKEIT Nach dem Regelungsvorschlag wird § 56 I InsO, der de lege lata vorsieht, dass der Insolvenzrichter „eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person“ zum Insol- venzverwalter bestellen muss, um die Vorgabe er- gänzt, dass die Person „als Insolvenzverwalter“ im Bundesrechtsanwalts- bzw. Insolvenzverwalterver- zeichnis eingetragen sein muss. Damit wird zugleich zum Ausdruck gebracht, dass die Auswahl des (vorläu- figen) Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters im konkre- ten Verfahren weiterhin dem Insolvenzrichter obliegt, was der Regelungsvorschlag in § 47a III BRAO-Vor- schlag (fortan: BRAO-V) zusätzlich klarstellt. So ist si- chergestellt, dass jeder neu bestellte Insolvenzverwal- ter der geforderten 8 8 Richtlinie (EU) 2019/1023 (Fn. 3), Art. 27 I. Aufsicht und Regulierung unter- liegt, unabhängig von der nach § 58 InsO weiterhin bestehenden Aufsicht des Insolvenzgerichts im konkre- ten Verfahren. 1. ANWALTLICHE INSOLVENZVERWALTER Um der entsprechenden Regulierung und Aufsicht un- terstehen zu können, muss der mitgliedschaftsrecht- liche Status bei der jeweiligen Rechtsanwaltskammer begründet sein. Rechtsanwälte sind bereits zur Rechts- anwaltschaft zugelassen und Pflichtmitglieder der Kam- mern nach § 60 II Nr. 1 Alt. 1 BRAO. Für die anwalt- lichen Insolvenzverwalter bedarf es daher keiner weite- ren statusbegründenden Zulassung oder dergleichen. § 47a I BRAO-V stellt insoweit klar, dass Rechtsanwälte „ihren Beruf als Insolvenzverwalter“ ausüben dürfen. Damit wird im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung 9 9 BGH, Urt. v. 6.7.2015 – AnwZ (Brfg) 24/14 Rn. 23. zugleich deutlich gemacht, dass die Betätigung als an- waltlicher Insolvenzverwalter zum Berufsbild des Rechtsanwalts gehört. 10 10 Vgl. Fn. 6. 2. NICHTANWALTLICHE INSOLVENZVERWALTER Nichtanwaltliche Insolvenzverwalter werden in Anleh- nung an § 209 I BRAO nach § 47a II BRAO-V auf An- trag in die Rechtsanwaltskammer statusbegründend aufgenommen. Damit werden sie gleichfalls zum Mit- glied der Rechtsanwaltskammer (§ 60 II Nr. 1 Alt. 2 BRAO). Für die Aufnahme gelten im Wesentlichen dieselben Vo- raussetzungen wie für die Zulassung als Rechtsanwalt, mit Ausnahme des Erfordernisses der Befähigung zum Richteramt bzw. der diese ersetzenden Zugangsvoraus- setzungen für europäische Rechtsanwälte in § 4 BRAO. Eine Aufnahme scheidet also auch für den nichtanwalt- lichen Insolvenzverwalter bei Vorliegen der Versagungs- gründe nach § 7 BRAO aus, beispielsweise bei „Unwür- digkeit“ infolge strafgerichtlicher Verurteilung (§ 7 Nr. 5 BRAO), aus gesundheitlichen Gründen (§ 7 Nr. 7 BRAO) oder bei Vermögensverfall (§ 7 Nr. 9 BRAO). Die Auf- nahme setzt ferner gem. § 47a II 3 BRAO-V i.V.m. § 12 II Nr. 2 BRAO den Nachweis des Abschlusses der vorge- schriebenen Berufshaftpflichtversicherung voraus. Die entsprechenden Prozesse, bis hin zur Regelanfrage beim Bundeszentralregister (§ 36 I BRAO), sind sämtlich gere- gelt und bei den Kammern installiert und eingespielt. Verbunden mit den weitgehend spiegelbildlichen Rück- nahme- und Widerrufsgründen des § 14 BRAO sowie der disziplinarrechtlichen Ausschließung (§ 114 I Nr. 5 BRAO) bietet somit der mitgliedschaftliche Status als solcher bereits ein hohes Maß an Gewähr dafür, dass der Insolvenzverwalter in der Lage ist, einen Vertrauens- beruf sachgerecht und integer auszuüben. 3. BESONDERE VORAUSSETZUNGEN Ergänzend zu diesen allgemeinen Aufnahmevorausset- zungen regelt § 47a II BRAO-V die besonderen Voraus- setzungen für die Aufnahme nicht-anwaltlicher Insol- venzverwalter. Sie müssen „ein rechtswissenschaftliches oder wirtschaftswissenschaftliches Hochschulstudium oder ein anderes Hochschulstudium mit rechtswissen- schaftlicher oder wirtschaftswissenschaftlicher Fach- richtung erfolgreich abgeschlossen haben“ (Nr. 1), „be- sondere theoretische Kenntnisse auf dem Gebiet der In- solvenzverwaltung nachweisen“ (Nr. 2) und in Anleh- nung an § 36 III StBerG „praktische Tätigkeit auf dem Gebiet der Insolvenzverwaltung über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren im Umfang von mindestens 16 Wochenstunden nachweisen“ (Nr. 3). Die besonderen theoretischen Kenntnisse werden – wie bei den Fachanwaltschaften – im Rahmen eines Lehr- gangs erworben und mittels Leistungskontrollen nach- gewiesen. Hierzu regelt § 47c BRAO-V, wie der Lehr- gang zur Vermittlung der theoretischen Kenntnisse so- wie die Leistungskontrollen ausgestaltet sein müssen, wobei Inhalt und Umfang der zu vermittelnden Kennt- nisse gemäß § 59b II Nr. 12 BRAO-V durch Satzung nä- her geregelt werden können. Von einem eigenständigen hoheitlichen Prüfungsverfahren sieht der Regelungsvor- schlag bewusst ab, um Abläufe und Bürokratieaufwand schlank zu halten. Wie auch im Rahmen des Erlaubnis- verfahrens für das Führen einer Fachanwaltsbezeich- nung ist die Prüfung durch die Kammer gem. § 47c III BRAO-V daher eine formelle anhand der Zeugnisse des Lehrgangsveranstalters. POHLMANN, BERUFSRECHT DER INSOLVENZVERWALTER – REGELUNGSVORSCHLAG VON BRAK UND DAV AUFSÄTZE BRAK-MITTEILUNGEN 4/2020 175

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