BRAK MAGAZIN 6/2025 13 NETZWERKEN OHNE TALENT? Wie Anwält:innen auch ohne Small-Talk-Gene ein starkes berufliches Netzwerk aufbauen Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer, Karriere-Coach & Mentorin für Jurist:innen, Berlin Ein gutes Netzwerk ist ein Karriere- oder MandatsBooster – gerade im juristischen Umfeld. Beziehungen öffnen Türen, ermöglichen Austausch auf Augenhöhe bzw. die Akquise von Mandantinnen und Mandanten und fördern die berufliche Weiterentwicklung. Schätzungen zufolge werden beispielsweise mehr als die Hälfte aller Stellen allein über persönliche Kontakte vergeben. Trotzdem fällt vielen Anwälten und Anwältinnen das Netzwerken schwer. Besonders introvertierte Persönlichkeiten fühlen sich beim Small Talk im Arbeitsalltag oder auf großen Veranstaltungen unwohl. Doch: Erfolgreiches Networking ist keine Frage des Talents, sondern der Haltung – und die können sich Juristinnen und Juristen aneignen, wie die nachfolgenden Tipps zeigen: TIPP 1: QUALITÄT VOR QUANTITÄT Wer ins Networking mit der Intention startet, interessante Menschen kennenzulernen und sich offen auszutauschen, nimmt sich selbst den Druck – und schafft Raum für eine echte Verbindung. Denn es geht auf Netzwerkveranstaltungen (und darüber hinaus) nicht darum, mit besonders vielen Personen ins Gespräch zu kommen. Es reicht völlig aus, nur einige wenige neue Kontakte oder gar nur einen zu knüpfen, um deren Potenzial auszuloten und die Beziehung direkt zu vertiefen. TIPP 2: INTERESSE SCHLÄGT SELBSTDARSTELLUNG Ein guter Gesprächseinstieg gelingt über ehrliches Interesse. Fragen Sie, was Ihr Gegenüber beruflich beschäftigt bzw. was sie oder ihn mit der Veranstaltung verbindet oder welche rechtliche Frage die Person gerade umtreibt. Nutzen Sie sichtbare Hinweise wie Namensschilder oder Veranstaltungsinhalte, um erste Gesprächsansätze zu finden. Stellen Sie Detailfragen und geben Sie so Ihren Gesprächspartnerinnen und -partnern die Gelegenheit, über sich und die eigenen (Fach-)Themen zu sprechen. Auf diese Weise zeigen Sie nicht nur Ihre Aufmerksamkeit, sondern gewinnen auch die des Gegenübers. TIPP 3: EIN GUTES GESPRÄCH BRAUCHT KEIN DREHBUCH, SONDERN OFFENHEIT Die besten Gespräche entstehen, wenn Sie frei von Erwartungen sind und die andere Person auch. Gehen Sie ohne festes Ziel in einen ersten Kontakt – auch bei Personen, die Sie zu kennen glauben. Zeigen Sie sich offen und sprechen Sie auch über sich, indem Sie Ihre Expertise zeigen und Ihrem Gegenüber mit wertvollen Informationen oder guten Geschichten in Erinnerung bleiben. TIPP 4: KÖRPERSPRACHE WIRKT – IMMER Oft unterschätzt, aber entscheidend: Ihre Körpersprache. Sie verrät mehr über Ihr Interesse als Worte. Denn wenn Mimik, Gestik und Ausstrahlung Ihren Worten widersprechen, verliert das Gesagte an Glaubwürdigkeit. Steuern Sie daher Ihre Körpersignale bewusst. Denn Ihr Gegenüber spürt, ob Sie präsent oder gedanklich schon beim nächsten Programmpunkt sind. Wenn ein Thema nicht (mehr) passt, wechseln Sie es – oder beenden Sie das Gespräch. TIPP 5: WER GIBT, BLEIBT IN ERINNERUNG Sie müssen nicht immer gleich Kontakte oder Informationen „zurückgeben“ oder Ihr Gegenüber weiterempfehlen. Ein wertschätzender Abschluss reicht: Sagen Sie, was Sie inspiriert hat oder was Sie aus dem Gespräch mitnehmen. Dann wirkt Ihr Feedback wie ein Geschenk – und bleibt im Gedächtnis. FAZIT Netzwerken ist kein Wettbewerb der Lautesten. Es lebt von Echtheit, Empathie und Interesse. Wer zuhört, Fragen stellt und wertschätzend agiert, baut Schritt für Schritt ein Netzwerk auf, das langfristig trägt – auch ohne großes „Networking-Talent“. Foto: Ps.INL/shutterstock.com
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0