BRAK-Magazin Ausgabe 5/2025

BRAK MAGAZIN 5/2025 17 VORSICHT, HAFTUNG! Ein Symposium zum Anwaltsrecht am Oberlandesgericht Hamm Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin Ganz schön viele Anwältinnen und Anwälte für eine Veranstaltung der Justiz, bemerkte der nordrheinwestfälische Justizminister Dr. Benjamin Limbach ein wenig süffisant, als er das Anwaltsrechts-Symposium des Oberlandesgerichts Hamm am 30.9.2025 eröffnete. Deutschlands größtes Oberlandesgericht hat seit dem 1.7.2025 die ausschließliche Zuständigkeit für Berufungsverfahren in Rechtsstreitigkeiten aus der Berufstätigkeit der rechtsberatenden Berufe in Nordrhein-Westfalen inne. Grund genug für OLG-Präsidentin Gudrun Schäpers, dass Justiz und Anwaltschaft in den Dialog gehen über das, wofür ihr Gericht nunmehr landesweit zuständig ist: Anwaltshaftung. In der Tat war die Anwaltschaft zahlreich und hochrangig vertreten, u.a. durch die BRAK-Schatzmeisterin und Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Leonora Holling, ihre Kammerpräsidenten-Kollegen Hans-Ulrich Otto aus Hamm und Dr. Thomas Gutknecht aus Köln und den Präsidenten des Anwaltsgerichtshofs NRW, Peter Lungerich. REFORMVORHABEN FÜR JUSTIZ UND ANWALTSCHAFT Minister Limbach erläuterte in seinem Grußwort die Hintergründe und Vorteile der neuen Zuständigkeitskonzentration; sie kann allerdings selbst zur Haftungsfalle werden, wurde später klar. Er ging auch auf aktuelle Gesetzesvorhaben wie die Erprobung des Online-Verfahrens ein, die sich auf die Anwaltschaft auswirken. BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels griff den Ball auf. In Digitalisierungsprojekte der Justiz muss die Anwaltschaft frühzeitig einbezogen werden, schließlich sei sie es, die nah an den Bürgerinnen und Bürgern arbeite – wichtige, aber im Reformdiskurs oft ausgeblendete Mitglieder der Justizfamilie, wie BGH-Anwalt Dr. Siegfried Mennemeyer später in seinem Vortrag betonte. Wessels hob hervor, dass Anwältinnen und Anwälte nur dann auf Augenhöhe mit der Justiz arbeiten können, wenn ihre Unabhängigkeit garantiert ist. Nicht nur das BVerfG müsse resilient sein, sondern auch die Anwaltschaft. Daher habe sich die BRAK Ende September in ihrer Hauptversammlung für ein Grundrecht auf unabhängigen anwaltlichen Beistand in einem neuen Art. 19 V GG ausgesprochen – die Forderung stieß auf Beifall im Saal. UNTERSCHIEDLICHE PERSPEKTIVEN Aus ganz unterschiedlichen Perspektiven blickten sodann die Fachvorträge auf die Anwaltshaftung, gewandt moderiert von Anwaltsrechtler Martin W. Huff. Helmut Kerkhoff, Rechtsanwalt aus Hamm und im Vorstand der dortigen Kammer, gab Einblicke in die Bearbeitung von Haftungs-Mandaten. Hans-Jochen Grewer, Vorsitzender des für Anwaltshaftung zuständigen 28. Zivilsenats des OLG Hamm, sprach über haftungsträchtige Konstellationen im elektronischen Rechtsverkehr – und machte die feine Linie zwischen Ersatzeinreichung bei technischen Störungen und Wiedereinsetzung deutlich, die Grund vieler Haftungsfälle ist. Die Kölner Rechtsanwälte Dr. Thomas Klein und Tobias Kordes gaben einen Überblick über KI-Tools im Kanzlei-Einsatz und über Haftungsrisiken bei deren Nutzung. Nach einer Mittagspause mit angeregtem Austausch ging Sascha Piontek, Richter im IV. Zivilsenat des BGH, der Frage nach, ob auf Deckungszusagen von Rechtsschutzversicherern und rechtskräftige Deckungs-Urteile Verlass ist – oder ob (und wann) Anwältinnen und Anwälten der Regress des Versicherers droht. Rechtsanwalt beim BGH Dr. Siegfried Mennemeyer wies unter dem Titel „Vorsicht: Subsidiarität!“ auf haftungsträchtige Besonderheiten im Zusammenhang mit Gehörsrügen hin. Den Abschluss machte Prof. Dr. Matthias Kilian, der über die aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen und die Anforderungen an transparente Zeittaktklauseln sprach. IM DIALOG BLEIBEN Am Ende war klar: Anlass zu Gesprächen über anwaltliche Tätigkeit und daraus resultierende Haftungsfragen gibt es zuhauf, und – wie Gastgeberin Gudrun Schäpers betonte – wechselseitiges Verständnis von Anwaltschaft und Richterschaft ist elementar. Dafür bot das Symposium einen gelungenen Rahmen, und Schäpers warb dafür, auch weiter im Dialog zu bleiben. Foto: Detlef Berntzen Das Oberlandesgericht Hamm

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