14 GIBT DIE ANWALTSCHAFT IMMER NOCH ZU WENIG VERDACHTSMELDUNGEN AB? FIU Jahresbericht für 2024 veröffentlicht Rechtsanwalt Christian Bluhm, Referent für Geldwäscheprävention, BRAK, Berlin Verdachtsmeldungen i.S.d. § 43 GwG bei der Financial Intelligence Unit (FIU) – der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (§ 27 GwG) – sollen ein wirksames Instrument sein, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen. Die FIU selbst ist keine Strafverfolgungsbehörde, soll aber aus der Vielzahl der bei ihr eingehenden Meldungen die relevanten Fälle analysieren und herausfiltern (vgl. § 28 GwG). Die Praxis zeigt, dass dies nicht einfach ist. FIU JAHRESBERICHT FÜR 2024 Am 10.6.2025 veröffentlichte die FIU ihren Jahresbericht 2024. Demnach nahm das Gesamtmeldeaufkommen gegenüber dem Vorjahr deutlich ab (265.708, Vorjahr: 322.590). Dies führt die FIU zurück auf eine verbesserte risikobasierte Bearbeitung und die höhere Qualität der eingegangenen Verdachtsmeldungen sowie auf ihr Eckpunktepapier zu Sachverhalten, die grundsätzlich keine Meldepflicht auslösen (sog. Negativtypologien gem. § 43 V 2 GwG; für bei der FIU registrierte Verpflichtete zu finden bei go.AML). Rund 96 % der eingegangenen Verdachtsmeldungen stammen aus dem Finanzsektor. Aus dem Nicht-Finanzsektor, der auch die rechtsberatenden Berufe umfasst, kommen gerade einmal ca. 4 %. Durch Anwältinnen und Anwälte sollen nach Information der FIU 2024 ca. 200 Verdachtsmeldungen abgegeben worden sein, nachdem diese schon im Vorjahr erheblich zugenommen hatten (2023: 160, 2022: 92, 2021: 21). Die meisten sollen Bezug zu Immobilientransaktionen haben. Nach der Verordnung zu den nach dem GwG meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich (GwGMeldV- Immobilien) sind bei den in ihren §§ 3-6 beschriebenen Sachverhalten nämlich auch unabhängig von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht Meldungen an die FIU zu erstatten. MELDET DIE ANWALTSCHAFT ZU WENIG? Die vermeintlich geringen Meldezahlen aus der Anwaltschaft wurden schon oft von internationalen Gremien für die Geldwäschebekämpfung wie FATF oder OECD oder auch von der Europäischen Kommission kritisiert. So auch bei der letzten Prüfung Deutschlands durch die Financial Action Task Force (FATF) im Jahr 2021: Der Prüfungsbericht der FATF verdeutlicht die Erwartungshaltung gegenüber der Anwaltschaft und warum das Berufsgeheimnis vielen ein Dorn im Auge ist. Dort heißt es u.a. (auf S. 140/141), Anwälte und andere rechtsberatende Berufe nähmen an, ihre berufliche Verschwiegenheitspflicht hindere die Verdachtsmeldepflicht. Die Rechtsberufe legten die Verschwiegenheitspflicht weit aus: Viele meinten, sie müssten nur eine Meldung einreichen, wenn sie konkrete Kenntnis davon hätten, für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden. Die GwGMeldV-Immobilien habe zu mehr Meldungen von Notaren geführt, unter Anwälten herrsche aber „Verwirrung“ über den Geltungsbereich der Verordnung. Festzustellen ist zunächst, dass sich das Verdachtsmeldeaufkommen in der Anwaltschaft seit der letzten FATF-Deutschlandprüfung im Jahr 2021 verzehnfacht hat. Aber ist es trotzdem immer noch (zu) niedrig? Sind 1.000 % von sehr wenig immer noch (zu) wenig? Gemessen an der Größe der Anwaltschaft (138.715 niedergelassene Rechtsanwältinnen und -anwälte, 27.789 Syndikusrechtsanwältinnen und -anwälte) und an der Zahl der Verdachtsmeldungen aus Notariaten (ca. 7.500 jährlich) wird dies den KritiFoto: Stokkete/shutterstock.com
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