BRAK-Magazin Ausgabe 3/2025

IMPRESSUM Bundesrechtsanwaltskammer – Körperschaft des öffentlichen Rechts, Littenstraße 9, 10179 Berlin Redaktion: Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. (verantwortlich) Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln (ausführliches Impressum unter www.brak.de/zeitschriften) EDITORIAL DAS NEUE RVG KOMMT – UND JETZT? Rechtsanwältin Leonora Holling, Düsseldorf Schatzmeisterin der BRAK und Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Am 21.3.2025 hat der Bundesrat, nach dem Bundestag, der Novelle des RVG zugestimmt. Davor stand ein zähes Ringen der gesamten Anwaltschaft mit Bund und Ländern um eine angemessene Erhöhung der gesetzlichen Anwaltsvergütung. Steigende Inflation und explodierende Kosten bedrohten die Wirtschaftlichkeit vieler Kanzleien. Die am 1.6.2025 in Kraft getretene Erhöhung um 6 % bei den Wertgebühren und 9 % bei den Betragsrahmen- und Festgebühren löst trotzdem in der Anwaltschaft keine Begeisterungsstürme aus. Sie mildert nur einen Teil der gestiegenen Kosten ab und gleicht kaum die Inflation aus. Auch neue Kosten, etwa bei der Verarbeitung elektronischer Datenübersendungen der Justiz, werden gebührenrechtlich ausgeblendet. Im Rahmen der Verhandlungen mit den zuständigen Stellen, besonders bei den Ländern, wurde gewahr, dass die Finanzierung der öffentlichen Haushalte die berechtigten Interessen der Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege zunehmend mit anderen Playern im Bereich der Justiz vermengt. Argumentierten die Länder zuvor, die öffentlichen Haushalte dürften durch die Ansprüche aus Beratungshilfe, PKH und VKH nicht überlastet werden, führen sie nunmehr die Vergütungen von Betreuern und Sachverständigen ins Feld. Dies ist besorgniserregend, da jedenfalls die Anzahl der benötigten Betreuer im Hinblick auf eine alternde Gesellschaft erwartbar steigen wird. Diese Kosten uneingeschränkt den Justizhaushalten zuzuschlagen, wird dazu führen, dass für die Anwaltschaft in Zukunft keinerlei Erhöhungen bei der RVG-Vergütung möglich erscheinen. Diese mögliche Entwicklung betrifft aber nicht nur die Anwaltschaft, sondern alle anderen juristischen Berufe im Bereich der Justiz. Betrachtet man das Gebührenaufkommen der Justiz isoliert, zeigt sich allerdings keineswegs eine finanzielle Unterdeckung. Tatsächlich fließen „Gewinne“ aus der Justiz nicht dem Justizhaushalt, sondern den allgemeinen Haushalten der Länder zu. Das Justizressort erhält dann im Rahmen des jeweiligen Länderhaushalts einen zugewiesenen Anteil, mit dem es auskommen muss. Leider fällt dieser Anteil im Vergleich zu anderen Ressorts oft eher bescheiden aus. Dies ist bedenklich, weil ein unabhängiges Rechtswesen als dritte Säule unseres demokratischen Staates gerade in der heutigen Zeit vielmehr einer deutlichen Aufwertung bedarf. Wir benötigen gut alimentierte Richterinnen und Staatsanwälte, aber auch eine nach dem RVG angemessene besoldete Anwaltschaft. Gerade bei den Anwältinnen und Anwälten, die den Zugang zum Recht professionell vermitteln, müssen die gesetzlichen Gebühren so ausgestaltet sein, dass die Übernahme jedes Mandats attraktiv bleibt. Sonst droht, dass es Zugang zum Recht nur noch für den gibt, der eine Gebührenvereinbarung unterzeichnen kann. Wer hingegen einwendet, Anwältinnen und Anwälte seien berufsrechtlich verpflichtet, etwa Beratungshilfemandate anzunehmen, verkennt die Voraussetzungen hierzu. Das gilt nur, wenn sie dazu fachlich in der Lage sind. Regelmäßig sind das Rechtsgebiete, die traditionell eher durch kleine oder mittlere Anwaltskanzleien betreut werden. Können sich diese in der Regel nach RVG abrechnenden Kanzleien nicht mehr am Markt halten, darf bezweifelt werden, dass große Kanzleien aus völlig anderen Rechtsgebieten hier in die Bresche springen könnten. Was also dringend von Nöten ist, ist ein eigener Haushalt der Justiz der Länder, der selbst über die in seinem Bereich erwirtschafteten Mittel verfügen kann. Außerdem müssen eigentlich justizfremde Personengruppen wie Betreuer haushaltstechnisch in das für sie zuständige Ressort, hier den Sozialhaushalt, überführt werden. Wir als Anwaltschaft werden dafür verstärkt eintreten. Denn sonst droht auch nach der jetzigen RVG-Reform ein Abbau des Rechtsstaats in Raten. In den neuen Bundesländern schwindet die Zahl der niedergelassenen Anwältinnen und Anwälte bereits dramatisch. Das sollte uns allen eine frühe Warnung sein! Foto: BRAK

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