BRAK-Magazin Ausgabe 3/2025

BRAK MAGAZIN 3/2025 16 MIT BRIEF UND SIEGEL Wie Kammern dabei helfen, durch gute Ausbildung nachhaltig Rechtsanwaltsfachangestellte zu gewinnen Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin Rechtsanwaltsfachangestellte (ReFa) sind wahre Tausendsassas: Sie managen die täglichen Abläufe in der Kanzlei, kommunizieren mit Mandaten, koordinieren Termine, haben die Fristen im Blick, kümmern sich um Honorarabrechnungen, Zwangsvollstreckung und vieles mehr. Doch obwohl der Beruf so vielfältig, verantwortungsvoll und spannend ist, hat er sich immer mehr zum Mangelberuf entwickelt. MANGELBERUF REFA Dahinter stecken mehrere Gründe: Immer häufiger kehren ReFas direkt nach Abschluss ihrer Ausbildung oder nach einigen Berufsjahren der Anwaltschaft den Rücken und sind in Justiz, Verwaltung oder Unternehmen tätig – bei ähnlichen Arbeitsinhalten, aber für sie attraktiveren Arbeitsbedingungen. Das zeigt etwa eine aktuelle Studie des Instituts für Freie Berufe (IFB) der Universität Erlangen-Nürnberg, die sich eingehend mit der Jobzufriedenheit von ReFas befasst. Seit Jahren sinkt die Zahl derer, die sich für eine Ausbildung zur ReFa oder Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten (ReNo) entscheiden, kontinuierlich. Zum 30.9.2024 wurden 3 % weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Vorjahr, wie die jüngste Statistik des Bundesinstituts für Berufsbildung belegt. Sie beruht auf den Meldungen der Rechtsanwaltskammern, die als zuständige Stellen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) über die Ausbildung wachen. Die Ausbildungsberufe unterscheiden sich dabei etwas: Bei den ReNos stieg die Zahl geringfügig, bei den ReFas sank sie. Auch regional gibt es Unterschiede. 16 Rechtsanwaltskammern hatten zum Teil deutlich rückläufige Zahlen zu verzeichnen, bei zweien blieben die Zahlen unverändert, lediglich bei zehn Kammern gab es leichte Zuwächse. Hinzu kommt, dass ein wachsender Teil die Ausbildung nicht beendet, was den Rückgang an ausgelernten ReFas und ReNos, die in der Anwaltschaft ihren Beruf ausüben, noch verschärft. Die Abbrecherquote lag in vielen Kammerbezirken zwischen etwa einem Viertel und einem Drittel der Auszubildenden, in manchen sogar bei mehr als der Hälfte. Das ergab eine Untersuchung aus dem Jahr 2023. VERGÜTUNG IST NICHT ALLES Ein Grund, warum ReFa und ReNo nicht zu den attraktivsten Ausbildungsberufen zählten, war lange Zeit die Ausbildungsvergütung, die im Vergleich zu ähnlichen Berufen gering ausfiel. Die Rechtsanwaltskammern steuerten hier in den letzten Jahren nach und hoben ihre Vergütungsempfehlungen an, so dass die Vergütung inzwischen konkurrenzfähiger ist. Doch an der Vergütung liegt es jedenfalls nicht allein. Vielmehr sind es vor allem zwei andere Faktoren, folgt man der Studie des IFB zur Jobzufriedenheit und der Abbrecher-Untersuchung: einerseits Arbeitsklima und Wertschätzung, andererseits die Qualität der Ausbildung. Beides hängt natürlich miteinander zusammen. Was den ersten Faktor angeht, ist klar: Anwältinnen und Anwälte haben das Image, miese Chefs zu sein. Kein Umgang auf Augenhöhe, herablassender oder unfreundlicher Ton, hoher Zeitdruck, starre Abläufe, wenig Anerkennung für Geleistetes – so in etwa lässt sich zusammenfassen, was ReFas oder Azubis in beiden Studien als Gründe angaben, weshalb sie der Anwaltschaft den Rücken kehrten oder zwar noch dort arbeiten, aber den Beruf nicht wieder wählen würden. Die betriebliche Ausbildung leidet, so die beiden Studien, häufig daran, dass die ausbildenden Anwältinnen und Anwälte unzureichend über die Lehrpläne ihrer Azubis informiert sind und ihre Rolle als Ausbildende nicht ernst genug nehmen. Sie übertragen ihren Azubis Aufgaben, die erst viel später in der Schule durchgenommen werden, lassen sie gelernte Dinge nicht ausführen – Honorarrechnungen schreiben z.B. –, setzen sie lediglich als billige Schreib- und Telefonkräfte oder für Hilfstätigkeiten ein. Drastischer formulierte es die angehende ReFa Jasmin Troitsch: „Vernachlässigung der Ausbildungspflicht“ nannte sie derartige Praktiken in ihrem Vortrag bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Rechtsanwaltskammer Berlin und BRAK im November 2024. Zu Recht – denn § 14 BBiG regelt klar, was von Ausbildenden erwartet wird. Nämlich, den Azubis das zu vermitteln, was zum Erreichen des Ausbildungsziels in der vorgesehenen Ausbildungsdauer nötig ist. Und sie dürfen ihren Azubis nur Aufgaben

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