JULI 2025 · AUSGABE 3/2025 ANWALTSCHAFT UNTER DRUCK DAS 6. INTERNATIONALE ANWALTSFORUM DER BRAK Personal Branding: Wie man sich strategisch sichtbar(er) macht Satzungsversammlung: Wie das Fachanwaltsrecht moderner werden soll Berufsausbildung: Wie ein Ausbildungssiegel bei der Gewinnung von Fachkräften hilft Foto: Michael Gottschalk
Erscheint im Oktober. 2025 – Im Oktober erscheint der neue Zöller. Mit allen Gesetzesänderungen aus der vergangenen Legislaturperiode, u.a. Videokonferenztechnik, Justizstandort-Stärkung, VDuG, Leitentscheidungsverfahren. Bis hin zu den ersten gesetzgeberischen Aktivitäten aus der neuen Legislaturperiode. Mit grundlegenden Neubearbeitungen des Internationalen Zivilprozessrechts sowie der Brüssel Ia-VO (Wolfgang Hau). Nicht zu vergessen, die immens vielen Gerichtsentscheidungen, die es auch in dieser Auflage akribisch einzuarbeiten galt. Auch in der 36. Auflage mit Zugangscode zu „Zöller online“ für jeden Buchkäufer – damit ist permanente Aktualität auch zwischen den Auflagen garantiert. Zivilprozess im Umbruch – KI, E-Akte, Digitalisierung – diese aktuellen Themen ziehen sich mit bewährter Qualität durch den neuen Zöller. Ein Muss für jeden Prozessualisten und ein zuverlässiger Begleiter der Reform „Zivilprozess der Zukunft“. Informationen und bestellen: otto-schmidt.de/zpo Code im Buch für „Zöller online“ Zöller Zivilprozessordnung Kommentar Begründet von Dr. Richard Zöller. Bearbeitet von Prof. Dr. Christoph Althammer; VorsRiKG Christian Feskorn; Prof. Dr. Reinhard Greger; Prof. Dr. Wolfgang Hau; RiAG a.D. Kurt Herget; PräsBayVGH und PräsOLG Dr. Hans-Joachim Heßler; PräsOLG a.D. Clemens Lückemann; VorsRiLG Dr. Hendrik Schultzky; VizePräsLG Dr. Mark Seibel; VorsRiOLG Prof. Dr. Gregor Vollkommer. 36. neu bearbeitete Auflage 2026, ca. 3.500 Seiten Lexikonformat, gbd., ca. 180 €. ISBN 978-3-504-47027-2. Erscheint im Oktober 2025. Das Werk online otto-schmidt.de/zpo-modul juris.de/zpoprem
IMPRESSUM Bundesrechtsanwaltskammer – Körperschaft des öffentlichen Rechts, Littenstraße 9, 10179 Berlin Redaktion: Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. (verantwortlich) Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln (ausführliches Impressum unter www.brak.de/zeitschriften) EDITORIAL DAS NEUE RVG KOMMT – UND JETZT? Rechtsanwältin Leonora Holling, Düsseldorf Schatzmeisterin der BRAK und Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Am 21.3.2025 hat der Bundesrat, nach dem Bundestag, der Novelle des RVG zugestimmt. Davor stand ein zähes Ringen der gesamten Anwaltschaft mit Bund und Ländern um eine angemessene Erhöhung der gesetzlichen Anwaltsvergütung. Steigende Inflation und explodierende Kosten bedrohten die Wirtschaftlichkeit vieler Kanzleien. Die am 1.6.2025 in Kraft getretene Erhöhung um 6 % bei den Wertgebühren und 9 % bei den Betragsrahmen- und Festgebühren löst trotzdem in der Anwaltschaft keine Begeisterungsstürme aus. Sie mildert nur einen Teil der gestiegenen Kosten ab und gleicht kaum die Inflation aus. Auch neue Kosten, etwa bei der Verarbeitung elektronischer Datenübersendungen der Justiz, werden gebührenrechtlich ausgeblendet. Im Rahmen der Verhandlungen mit den zuständigen Stellen, besonders bei den Ländern, wurde gewahr, dass die Finanzierung der öffentlichen Haushalte die berechtigten Interessen der Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege zunehmend mit anderen Playern im Bereich der Justiz vermengt. Argumentierten die Länder zuvor, die öffentlichen Haushalte dürften durch die Ansprüche aus Beratungshilfe, PKH und VKH nicht überlastet werden, führen sie nunmehr die Vergütungen von Betreuern und Sachverständigen ins Feld. Dies ist besorgniserregend, da jedenfalls die Anzahl der benötigten Betreuer im Hinblick auf eine alternde Gesellschaft erwartbar steigen wird. Diese Kosten uneingeschränkt den Justizhaushalten zuzuschlagen, wird dazu führen, dass für die Anwaltschaft in Zukunft keinerlei Erhöhungen bei der RVG-Vergütung möglich erscheinen. Diese mögliche Entwicklung betrifft aber nicht nur die Anwaltschaft, sondern alle anderen juristischen Berufe im Bereich der Justiz. Betrachtet man das Gebührenaufkommen der Justiz isoliert, zeigt sich allerdings keineswegs eine finanzielle Unterdeckung. Tatsächlich fließen „Gewinne“ aus der Justiz nicht dem Justizhaushalt, sondern den allgemeinen Haushalten der Länder zu. Das Justizressort erhält dann im Rahmen des jeweiligen Länderhaushalts einen zugewiesenen Anteil, mit dem es auskommen muss. Leider fällt dieser Anteil im Vergleich zu anderen Ressorts oft eher bescheiden aus. Dies ist bedenklich, weil ein unabhängiges Rechtswesen als dritte Säule unseres demokratischen Staates gerade in der heutigen Zeit vielmehr einer deutlichen Aufwertung bedarf. Wir benötigen gut alimentierte Richterinnen und Staatsanwälte, aber auch eine nach dem RVG angemessene besoldete Anwaltschaft. Gerade bei den Anwältinnen und Anwälten, die den Zugang zum Recht professionell vermitteln, müssen die gesetzlichen Gebühren so ausgestaltet sein, dass die Übernahme jedes Mandats attraktiv bleibt. Sonst droht, dass es Zugang zum Recht nur noch für den gibt, der eine Gebührenvereinbarung unterzeichnen kann. Wer hingegen einwendet, Anwältinnen und Anwälte seien berufsrechtlich verpflichtet, etwa Beratungshilfemandate anzunehmen, verkennt die Voraussetzungen hierzu. Das gilt nur, wenn sie dazu fachlich in der Lage sind. Regelmäßig sind das Rechtsgebiete, die traditionell eher durch kleine oder mittlere Anwaltskanzleien betreut werden. Können sich diese in der Regel nach RVG abrechnenden Kanzleien nicht mehr am Markt halten, darf bezweifelt werden, dass große Kanzleien aus völlig anderen Rechtsgebieten hier in die Bresche springen könnten. Was also dringend von Nöten ist, ist ein eigener Haushalt der Justiz der Länder, der selbst über die in seinem Bereich erwirtschafteten Mittel verfügen kann. Außerdem müssen eigentlich justizfremde Personengruppen wie Betreuer haushaltstechnisch in das für sie zuständige Ressort, hier den Sozialhaushalt, überführt werden. Wir als Anwaltschaft werden dafür verstärkt eintreten. Denn sonst droht auch nach der jetzigen RVG-Reform ein Abbau des Rechtsstaats in Raten. In den neuen Bundesländern schwindet die Zahl der niedergelassenen Anwältinnen und Anwälte bereits dramatisch. Das sollte uns allen eine frühe Warnung sein! Foto: BRAK
BRAK MAGAZIN 3/2025 4 UNDER PRESSURE Das 6. Internationale Anwaltsforum der BRAK Peggy Fiebig, LL.M, freie Journalistin, Berlin Die Anwaltschaft ist unter Druck. Weniger – zumindest noch – hierzulande, aber wenn man sich in der Welt umschaut, sind Sorgenfalten durchaus berechtigt. Das dürfte das Resümee des diesjährigen Internationalen Anwaltsforums sein, das die Bundesrechtsanwaltskammer Ende April in Berlin zum nunmehr sechsten Mal ausgerichtet hat. Zu Wort kamen auf der zweitägigen Veranstaltung Vertreterinnen und Vertreter von Anwaltsorganisationen aus über 40 Jurisdiktionen. Viele von ihnen waren weit angereist aus der Subsahara, Amerika, dem Nahen Osten sowie aus Südostasien. Insgesamt nahmen über 140 Experten teil, viele von ihnen zum ersten Mal. DIE LAGE IST ERNST, ABER NICHT HOFFNUNGSLOS Sie alle brachten ihre jeweilige Perspektive zum diesjährigen Motto des Anwaltsforums ein: „Resilience and Change in the Legal Profession“ – „Resilienz und Wandel im Anwaltsberuf“. Ein Wandel, so betonte es BRAK-Präsident Dr. Ulrich Wessels eingangs, den wohl nur wenige so erwartet hätten: Krieg, der Zusammenbruch von Regimen, der Vormarsch von Populisten. In der Folge mehren sich die Angriffe auf den Rechtsstaat: Anwältinnen und Anwälte, die sich für den Erhalt der rule of law einsetzen, werden inhaftiert, Richterinnen und Richter ihres Amtes enthoben oder zumindest damit bedroht, Staatsanwältinnen und -anwälte unter Druck gesetzt. Kurz, so Wessels, das Konzept des Rechtsstaates wird von Regierenden mehr und mehr als Hindernis für staatliches Handeln und nicht als dessen Fundament gesehen. In Situationen wie diesen sei die Anwaltschaft gefragt, „Resilienz bedeutet in unserem Beruf nicht nur, politische Stürme zu überstehen, sondern auch, die Integrität aufrechtzuerhalten, wenn der Preis hoch ist“, so sein mahnender Appell. Um an jene Zeiten zu erinnern, wo genau dabei die deutsche Anwaltschaft fatal versagt hatte, wurde im Rahmen des Anwaltsforums auch die BRAK-Wanderausstellung „Anwalt ohne Recht – Das Schicksal jüdischer Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach 1933“ gezeigt. Mit bedrückender Aktualität, wenn man bedenkt, dass es nicht wenige Kolleginnen und Kollegen sind, die sich heute einer Partei zuwenden, die den Rechtsstaat fast tagtäglich diffamiert. Empirisch bestätigt wurden die Feststellungen des BRAK-Präsidenten von Elizabeth Andersen vom Basel Institute on Governance, einer internationalen Organisation, die sich der Geldwäsche- und Korruptionsbekämpfung verschrieben hat. Andersen war bis März 2025 beim World Justice Project tätig, das jährlich den Rule of Law Index herausgibt und sich darin den Zustand der Rechtsstaatlichkeit in der Welt anschaut. Der letzte Index ist im Herbst Fotos: Michael Gottschalk Die Teilnehmenden des 6. Internationalen Anwaltsforums der BRAK Tshering Derup, Referent des Bar Council of Bhutan, vertieft in die Ausstellung „Anwalt ohne Recht“
BRAK MAGAZIN 3/2025 5 2024 erschienen und konstatiert eine „globale Rezession der Rechtsstaatlichkeit“, wie Elisabeth Andersen es nannte. Seit 2016 wurden Jahr für Jahr mehr Länder mit abnehmender Rechtsstaatlichkeit festgestellt, eine Entwicklung, die mit dem Amtsantritt der zweiten Trump-Administration sogar noch einen „Push“ erhalten hat. Diese Regierung schere sich weniger um die Normen guter Regierungsführung, sondern scheine eher darauf aus zu sein, die Grenzen ihrer Macht im In- und Ausland auszutesten, so Andersen. Sie gab damit die perfekte Einleitung zum Vortrag von Scott Carlson, Geschäftsführender Direktor der Rule of Law Initiative der American Bar Association (ABA). Er berichtet von den zahlreichen Versuchen Donald Trumps, sich über Recht und Verfassung hinwegzusetzen und zitiert beispielhaft dessen kurz nach Amtsübernahme veröffentlichten Tweet, wonach derjenige, der „dieses Land rettet, das Recht per se nicht verletzt“ („He who saves his country does not violate any law“). Carlson beschrieb einerseits den wachsenden Druck, dem sich Kanzleien in den USA ausgesetzt sehen und andererseits die Reaktion darauf. Die ABA als Interessenvertretung der Anwältinnen und Anwälte betreibt nicht nur eine massive Öffentlichkeitsarbeit, um die Stimme der Anwaltschaft zu verstärken, sondern auch einzelne Klagen gegen die Trump-Regierung. Noch im Flugzeug habe er an einer Verfassungsklage wegen der Verletzung des Gewaltenteilungsprinzips gefeilt, erzählte Carlson. Allerdings könne es durchaus sein, dass sich die Trump-Regierung selbst an Gerichtsentscheidungen nicht halten werde, befürchtet der Amerikaner. Wie sich Anwältinnen und Anwälte mit der Zivilgesellschaft verbünden, um die rule of law aufrecht zu erhalten, schilderte anschaulich Vladimir Beljanski, Präsident der Vojvodina Bar Association. Im serbischen Novi Sad kam es im vergangenen November nach dem Einsturz einer Bahnhofshalle zunächst zu Unruhen von Studierenden, die sich alsbald auf andere Bevölkerungsgruppen ausweiteten. Es ging um mögliche Korruption und Machtmissbrauch, unabhängige Gerichte, freie Medien und freie Wahlen. Die Anwaltschaft unterstützte die Studierenden – beispielsweise durch kostenfreie Rechtsberatung. In solchen Situationen sollten sich Anwaltsorganisationen auch über nationale Grenzen hinweg unterstützen, regte Beljanski an. WAS KÖNNEN ANWÄLTINNEN UND ANWÄLTE TUN? Nach diesen konkreten Beschreibungen zur Rechtsstaatlichkeit in einzelnen Ländern und Regionen, die durch den Präsidenten der LAWASIA, Shyam Divan, und den Geschäftsführer der Pan African Lawyers Union, Donald Omondi Deya, ergänzt wurden, widmete sich die Konferenz der Frage, wie Anwältinnen und Anwälte, aber auch Anwaltsorganisationen Widerstand gegen die Aushöhlung der rule of law leisten können. In einer lebhaften Debatte wurde dabei deutlich, dass nationale Anwaltskammern sowohl ihren Handlungsspielraum als auch ihre Rolle jeweils unterschiedlich definieren. Ein wichtiger Aspekt war dabei, wie politisch sich eine Anwaltsorganisation engagieren kann bzw. sollte. Für die Vertreter afrikanischer Staaten ist dabei z.B. die enge Kooperation mit Menschenrechtsorganisationen wichtig, Kammern anderer Länder definieren sich eher als Interessenvertretung im engeren Sinne. In seinem Redebeitrag stellte der Vizepräsident der ukrainischen Anwaltskammer, Dr. Valentyn Gvozdiy, die im März 2025 angenommene Europäische Konvention zum Schutz des Anwaltsberufs vor. Mit dem internationalen Abkommen sollen künftig anwaltliche Kernwerte und der Zugang zum Recht völkerrechtlich abgesichert werden. Es gelte jetzt, so viele Staaten wie möglich dazu zu bewegen, diese Konvention mitzuzeichnen, appellierte Gvozdiy. Auch NichtMitglieder von EU und Europarat könnten das tun, so sein Hinweis. Wie wichtig ein Schutz von Anwältinnen und Anwälten nicht nur vor staatlichen, sondern auch vor privaten Akteuren sein kann, zeigte eindrucksvoll das Referat von Jeroen Soeteman, Präsident des Nederlandse Orde van Advocaten. Dort waren in den vergangenen Jahren Anwältinnen und Anwälte mehrfach von Kriminellen bedroht und angegriffen worden. Trauriger Höhepunkt dürfte die Ermordung des Strafverteidigers Derk Wiersum im Jahr 2019 sein. Die niederländische Anwaltskammer hat deshalb beschlossen, Angriffe und Bedrohungen von Anwältinnen und Anwälten zu dokumentieren und riet auch anderen Kammern, das zu tun. So haben einer Umfrage zufolge im Jahr 2024 etwa 55 % der dortigen Kolleginnen und Kollegen Angriffe erlebt. Der weit überwiegende Teil betraf verbale Aggressionen, allerdings 24 % auch bedrohliches Verhalten und 4 % sogar körperliche Übergriffe. Die niederländische Kammer hat darauf reagiert und bietet zahlreiche Hilfen an, darunter eine Hotline für Betroffene, psychologische Hilfe und ein NotfallKnopf-System. Ja, die Zeiten sind rauer geworden, so kann man den ersten Konferenztag zusammenfassen. Aber Rechtsanwaltsorganisation können ihre Mitglieder Über Bedrohungen gegenüber Anwältinnen und Anwälten in Europa berichtet der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) aus Anlass der niederländischen Umfrage in einem 2024 veröffentlichten Report (s. dazu Nitschke, BRAK-Mitt. 2025, 8).
BRAK MAGAZIN 3/2025 6 unterstützen, resilienter zu werden. Und können dabei viel voneinander lernen. KÜNSTLICHE INTELLIGENZ UND RECHTSSTAAT Wie können Anwältinnen und Anwälte künstliche Intelligenz effektiv bei ihrer Berufsausübung einsetzen, ohne ihre Kernwerte zu gefährden? Mit dieser Frage befassten sich die Anwaltsvertreter am zweiten Tag des Internationalen Forums. Als Keynote Speaker konnte der Berater der EU-Kommission Paul Nemitz gewonnen werden. Er gilt als einer der Architekten des europäischen Datenschutzregelwerkes, wie BRAK-Präsident Wessels betonte. Nemitz warnte davor, blindes Vertrauen in Technologie zu setzen und den Big Tech-Unternehmen die Definitionshoheit über das Recht zu überlassen. Der europäische AI Act sei ein wichtiges Signal dafür, dass die Demokratie hier die Kontrolle übernimmt, das sei von großer Bedeutung für die Gesellschaft als Ganzes und für die Grundrechte der Menschen, sagte er. Konkret an Anwältinnen und Anwälte gerichtet gab er den Rat, auch bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz niemals die Kontrolle abzugeben. „Lassen Sie niemals zu, dass Sie nicht mehr umfassend und vollständig verstehen, Foto: Michael Gottschalk Blick in die Veranstaltung DAS INTERNATIONALE ANWALTSFORUM ALS PLATTFORM FÜR BILATERALEN AUSTAUSCH Am Rand des 6. Internationalen Anwaltsforums wurden, wie bereits bei den vorangegangenen Veranstaltungen, auch in diesem Jahr verschiedene Aktivitäten mit Partnerorganisationen aus den Regionen Nordafrika und Asien durchgeführt. Es wurden Institutionsbesuche und Expertengespräche mit Delegationen aus Malaysia, Bhutan, Marokko, Tunesien, Kuwait und Israel organisiert. Zudem schloss die BRAK Partnerschaftsabkommen mit der Bar Association of India, dem Ordre National des Avocats de Tunisie und der Association des Barreaux du Maroc. Über das begleitende bilaterale Programm im Vorfeld des 6. IAF berichten ausführlich Denninger/ Schaworonkowa/Khalil Hassanain, BRAK-Mitt. 2025, 214 (215 f). (sw)
Die Jahresarbeitstagungen geben einen fundierten Überblick im jeweiligen Gebiet. Prominente Vertreterinnen und Vertreter aus Anwaltschaft, Gerichtsbarkeit und Wissenschaft erörtern die aktuell diskutierten Fragenkomplexe der Praxis vor dem Hintergrund sich ständig wandelnder Rechtsprechung und Gesetzgebung. . Jahresarbeitstagung Erbrecht .– .. · Live-Stream/Berlin (Nr. ) Zeitstunden – § FAO Kostenbeitrag: ,– € (USt.-befreit) Paketpreis: ,– € (USt.-befreit) mit dem „Fortbildungsplus zur . Jahresarbeitstagung Erbrecht“ (..) . Jahresarbeitstagung Bau- und Architektenrecht .– .. · Live-Stream/Berlin (Nr. ¤) Zeitstunden – § FAO Kostenbeitrag: ,– € (USt.-befreit) Paketpreis: ,– € (USt.-befreit) mit dem Fortbildungsplus „Aktuelles Baurecht spezial “ (..) . Jahresarbeitstagung Praxis des Internationalen Steuerrechts .– .. · Live-Stream/Frankfurt am Main (Nr. ) Zeitstunden – § FAO Kostenbeitrag: ¤,– € (USt.-befreit) . Jahresarbeitstagung Arbeitsrecht .– ¤.. · Live-Stream/Köln (Nr. ¤) Zeitstunden – § FAO Kostenbeitrag: ,– € (USt.-befreit) Paketpreis: ¤,– € (USt.-befreit) mit dem „Aktuelles Arbeitsrecht spezial – Fortbildungsplus zur . Jahresarbeitstagung Arbeitsrecht“ (..) . Jahresarbeitstagung Miet- und Wohnungseigentumsrecht .– .. · Live-Stream/Bochum (Nr. ) Zeitstunden – § FAO Kostenbeitrag: ,– € (USt.-befreit) Paketpreis: ,– € (USt.-befreit) mit dem Fortbildungsplus „Update Mietrecht“ (..) . Jahresarbeitstagung Gewerblicher Rechtsschutz .– .. · Live-Stream/Hamburg (Nr. ) Zeitstunden – § FAO Kostenbeitrag: ,– €* (USt.-befreit) Paketpreis: ¤,– € (USt.-befreit) mit dem „Fortbildungsplus zur . Jahresarbeitstagung Gewerblicher Rechtsschutz“ (..) Alle Angebote und Anmeldung auf www.anwaltsinstitut.de Jahresarbeitstagungen . Halbjahr Jetzt die Teilnahme vor Ort oder den Live-Stream buchen! Diese Fortbildungen finden jeweils als Hybrid-Veranstaltungen statt. Nehmen Sie online im DAI eLearning Center oder vor Ort teil. Auch online können Sie die Veranstaltungen für die Pflichtfortbildung nach § Abs. FAO nutzen. Natürlich haben Sie als Online-Teilnehmer/in ebenso die Möglichkeit, Ihre Fragen an die Referenten zu stellen. Unsere Moderatoren vor Ort im Saal wird Sie in einem Textchat durch die Veranstaltung begleiten und Ihre Fragen in die Veranstaltung einbringen. Während der Vorträge verfolgen Sie in Ihrem Browser die Referenten im Video, die Präsentationsfolien sowie die Interaktion im Chat. +++ Live-Stream und Präsenz +++ Sie haben die Wahl +++ Live-Stream und Präsenz +++ *Ermäßigter Kostenbeitrag für die Mitglieder der kooperierenden Rechtsanwaltskammer.
BRAK MAGAZIN 3/2025 8 wie ein Ergebnis zustande kommt. Dazu gehört auch, dass Sie wissen, was mit den eingegebenen Daten passiert, wo sie verarbeitet werden und wer unter welchen Bedingungen Zugang dazu hat“, mahnte Nemitz. DAS UNKONTROLLIERBARE KONTROLLIEREN BRAK-Vizepräsidentin Sabine Fuhrmann bezeichnete die Herausforderung für die Anwaltschaft in Bezug auf die Künstliche Intelligenz als „das Unkontrollierbare zu kontrollieren“. Seit einigen Jahren befassen sich deshalb auch die Anwaltsorganisationen damit, wie sie als Selbstverwaltungsorgane Regelwerke für Ihre Mitglieder schaffen können. Die International Bar Association (IBA) beispielsweise entwickelt Guidelines auf der Grundlage eines engen Austausches mit der Politik und den Kolleginnen und Kollegen, berichtet IBA-Vizepräsident Prof. Dr. Jörg Menzer. Auch beim europäischen CCBE sind entsprechende Leitfäden in Arbeit, die BRAK bringt sich hierbei unter anderem durch ihren Vizepräsidenten Dr. Christian Lemke ein. Wie eine nationale Kammer ihre Mitglieder bei diesem Thema ganz praktisch unterstützt, schilderte Thierry Aballéa vom französischen Conseil National des Barreaux (CNB) in dem letzten, von Lemke moderierten Panel. So habe man im vergangenen Jahr erste Empfehlungen zur Nutzung von KI durch Anwältinnen und Anwälte veröffentlicht – insbesondere in Bezug auf Berufsgeheimnis und Datenschutz. Seit wenigen Wochen bietet der CNB einen E-Learning-Kurs an, der eine grundlegende Ausbildung in KI für alle Anwältinnen und Anwälte und für Studierende bietet – einschließlich praktischer Module zur Erstellung effektiver Eingabeaufforderungen. Und man habe einen Marktüberblick über wichtige KI-Tools erstellt, in dem Datensicherheit, Souveränität und Vertraulichkeit bewertet werden. ANTWORT AUF GLOBALE HERAUSFORDERUNGEN Die Konferenz endete mit einer zusammenfassenden, lebhaften Diskussion der Teilnehmenden. Sie zeigte, die Herausforderungen, denen sich die Anwaltschaft aktuell gegenübersieht, sind global. Ein ständiger internationaler Austausch, gegenseitige Unterstützung und ein Voneinander-Lernen sind die Antwort darauf. Foto: Michael Gottschalk BRAK-Vizepräsident André Haug moderiert die Diskussionsrunde „Unabhängigkeit und die Rolle von Organisationen“
BRAK MAGAZIN 3/2025 9 EINDRUCKSVOLLE EINBLICKE IN DIE INTERNATIONALE ANWALTSCHAFT Das Soldan Moot-Team I der Universität Hamburg zu Gast in Berlin Lukas Bade, Ben Weidner, Mia Kruse und Lilu Debler, Hamburg Als Gewinner des Klageschriftsatzpreises beim Soldan Moot Court 2024 reiste das Team I der Universität Hamburg vom 23. bis 25. April 2025 auf Einladung der Bundesrechtsanwaltskammer nach Berlin. 6. INTERNATIONALES ANWALTSFORUM Das Programm des 6. Internationalen Anwaltsforums begann am Mittwochabend mit dem Begrüßungsabend in der Arminiusmarkthalle. Bereits auf dem Weg zur Veranstaltung kamen wir mit Vertretern der Anwaltskammer Bhutans ins Gespräch. In angenehmer Atmosphäre tauschten sich die Teilnehmenden aus aller Welt zu verschiedensten Themen aus und knüpften neue, internationale Kontakte. Am Donnerstagvormittag startete das Fachprogramm unter dem Leitthema „Resilienz und Wandel im Anwaltsberuf“. Besonders eindrucksvoll war für uns der Vortrag des Präsidenten der Anwaltskammer der Vojvodina, der über die Massenproteste in Serbien und die studentischen Fahrradproteste gegen Korruption berichtete. Auch die anschließenden Diskussionen über staatliche Repressionen und gesellschaftliche Anfeindungen gegenüber Anwältinnen und Anwälten hinterließen bei uns einen bleibenden Eindruck. Den Abend haben wir bei leckerem Essen und Livemusik im Frederick’s ausklingen lassen. Der Freitag stand ganz im Zeichen der Zukunft des Berufsstands – mit spannenden Vorträgen zur Rolle Künstlicher Intelligenz in der anwaltlichen Praxis. Für uns war dieses Thema besonders interessant, da auch der Fall des Soldan Moot Courts 2024 Fragen zum Einsatz von KI in der Mandatsbearbeitung und im Anwaltsberuf enthielt. Insgesamt konnten wir durch die Vorträge und Gespräche vielfältige Einblicke und Perspektiven aus der internationalen Anwaltschaft gewinnen. BESUCH IM BUNDESPRÄSIDIALAMT Nach Abschluss des Fachprogramms erhielten wir die besondere Gelegenheit zu einer exklusiven Führung durch Schloss Bellevue und das Bundespräsidialamt. Christian Wuntke vermittelte uns mit großer Expertise spannende Informationen zur Kunst, Geschichte und Einrichtung des Schlosses sowie zur Arbeit des Bundespräsidenten. Ein besonderer Moment war das zufällige Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den wir auf dem Weg zu seinem Fahrzeug kurz persönlich erleben durften. UNSER FAZIT: DREI EINDRUCKSVOLLE TAGE IN BERLIN Für unser Team waren es drei einmalige und bereichernde Tage, die uns sehr geprägt haben. Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Bundesrechtsanwaltskammer für dieses großartige Erlebnis! Beim Soldan Moot Court zur anwaltlichen Berufspraxis streiten Jurastudierende aus ganz Deutschland in einem simulierten Zivilprozess über einen Fall, der aktuelle zivil- und berufsrechtliche Probleme enthält. Jeweils zwei Teams verfassen als Kläger- oder Beklagtenvertreter Schriftsätze und treten in mündlichen Verhandlungen auf. So gewinnen die Studierenden frühzeitig Einblick in die anwaltliche Tätigkeit. Ausgerichtet wird der Wettbewerb durch die BRAK, die Hans Soldan Stiftung, den Deutschen Anwaltverein sowie den Deutschen Juristen-Fakultätentag, und organisiert durch das Institut für Prozess- und Anwaltsrecht der Universität Hannover. Der Fall des Soldan Moot 2024 drehte sich um KI-generierte Anwaltsschriftsätze, Regress durch den Rechtsschutzversicherer des Mandanten, eine möglicherweise anwaltlich verschuldete Insolvenz und einen Cyberangriff. Gewinner in den verschiedenen Kategorien des Wettbewerbs waren Teams der Universität Hamburg, der Bucerius Law School und der Universität Leipzig sowie ein Student der Universität Erlangen-Nürnberg. Der Soldan Moot 2025 findet von 9.–11.10.2025 in Hannover statt. Anwältinnen und Anwälte sind eingeladen, den Wettbewerb durch die Korrektur von Schriftsätzen oder bei den mündlichen Verhandlungen zu unterstützen! (tn) Das Soldan-Moot-Team im Bundespräsidialamt
BRAK MAGAZIN 3/2025 10 Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin Wieder so ein erfolgloses prozesstaktisches Befangenheitsgesuch. Das mag man leicht gelangweilt denken, wenn man den kürzlich veröffentlichten Beschluss des OLG München (Beschl. v. 28.11.2024 – 19 U 3139/20) überfliegt. Doch darin steckt sehr viel mehr. Eigentlich ging es um ein zivilrechtliches „Dieselverfahren“. Im Termin zur mündlichen Verhandlung äußerte der Rechtsanwalt, der die Klägerin vertrat: „Was die Beklagtenvertreter und Wirtschaftsflüchtlinge gemeinsam haben? Man kann ihnen absolut nichts vorwerfen, denn sie nutzen lediglich ein marodes System aus.“ Der Vorsitzende Richter forderte ihn daraufhin auf, er solle seine AfD-Polemik aus diesem Gerichtssaal herauslassen. Der Anwalt quittierte dies mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden. Den Antrag lehnte das OLG ab und begründete ausführlich, weshalb die Aufforderung des Richters ebenso wenig wie seine Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch an seiner Unparteilichkeit zweifeln lässt. Denn mit dem Begriff„Wirtschaftsflüchtling“ habe der Anwalt sich der Rhetorik bedient, die laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz auch die AfD in ihrem Wahlkampf nutzte, und diese sei laut dem OVG Münster zu Recht als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft worden. Die besondere Treuepflicht habe von dem Richter verlangt, in einer öffentlichen Verhandlung einzuschreiten, als der Klägervertreter – ohne sachlichen Zusammenhang zum Gegenstand des Verfahrens – Flüchtlingen einen Missbrauch des Asyl-Grundrechts unterstellte und sich dabei der Rhetorik einer rechtsextremistischen Partei bediente. Die Entscheidung betrifft ein Spannungsfeld: Wie sollen Richterinnen und Richter reagieren, wenn Verfahrensbeteiligte sich politisch äußern und den Gerichtssaal damit quasi zur Bühne für ihre extremistische Anschauung machen? Denn selbstverständlich dürfen Anwältinnen und Anwälte sich in gerichtlichen Verfahren im Grundsatz frei äußern, ihre Argumente oder ihre Kritik am Gericht auch pointiert und scharf formulieren, selbst Polemik ist erlaubt. Das berufsrechtliche Sachlichkeitsgebot des § 43a III BRAO lässt ihnen einen recht weiten Spielraum, das belegt die reichhaltige Rechtsprechung zu dieser Vorschrift. Unsachliche, beleidigende oder abwertende Äußerungen gegen andere Verfahrensbeteiligte, die keinen Zusammenhang mit dem Fall haben, sind jedoch unzulässig und berufsrechtlich sanktionierbar – gleich, ob die Äußerungen einer rechtsextremistischen Partei zuzuordnen oder aus anderen Gründen unangemessen und geschmacklos sind. Die richterliche Prozessleitung soll für ein faires Verfahren und eine zielführende Erörterung der Sach- und Rechtslage sorgen. Daher können Richterinnen und Richter zu ausschweifenden Vortrag von Parteivertretern unterbinden, selbst wenn er zur Sache ist, oder können ihnen das Wort entziehen, um andere Verfahrensbeteiligte vor verbalen Angriffen zu schützen. Politische Parolen ohne Bezug zum Verfahrensgegenstand fördern wohl kaum ein zielführendes Verfahren, und wenn sie zudem, wie es das OLG hier feststellte, offenbar nur der Diffamierung und/oder Provokation des gegnerischen Prozessbevollmächtigten dienen, sind sie zu unterbinden. Dabei ist ebenfalls nicht relevant, ob es sich um rechtsextremistische oder um andere diffamierende bzw. provozierende Äußerungen handelt. Gerade aber bei politischen Äußerungen, die den Kern unseres Rechtsstaats oder unsere Grundrechte in Frage stellen, ist eine Prozessleitung wichtig, die klare Grenzen setzt. Dazu muss man nicht – wie der Vorsitzende im Fall des OLG München – die Parolen extremistischer Parteien kennen oder gar einschlägige Szene-Anwälte. Ganz einfach gesagt: Es genügt, unser Grundgesetz zu kennen. Wenn in einem Gerichtssaal politische Äußerungen fallen, die sich gegen rechtsstaatliche Werte richten, ist nicht nur die Richterschaft, sondern sind gleichermaßen Anwältinnen und Anwälte gefragt, Grenzen zu setzen – schließlich haben wir alle den Eid geleistet, unsere verfassungsmäßige Ordnung zu wahren. Foto: Alisles/shutterstock.com DER GERICHTSSAAL ALS POLITISCHE BÜHNE?
SAVE THE DATE 8. Konferenz Freitag | 5.12.2025 weitere Informationen in Kürze unter www.anwaltskonferenz.de Anmeldung unter www.brak.de/anwaltskonferenz2025 Braucht die Anwaltschaft ein neues Vergütungssystem? Die Konferenz Ideeder Konferenz ist es, aktuelle berufsrechtliche und berufspolitische Diskussionen aus einer wissenschaftlichen Perspektive zu begleiten. Sie öffnet den Dialog zwischen den zum Berufsrecht Forschenden und all denjenigen, die täglich mit Anwaltsrecht in Berührung kommen, Anwältinnen und Anwälten ebenso wie Rechtsanwaltskammern. Herausforderungen für Anwaltschaft und Zugang zum Recht durch • Schieflagen bei der gesetzlichen Vergütung • hinkende Kostenerstattung • Unmet Legal Needs • Honorar bei KI-Nutzung • SLAPP: Kosten als Drohpotenzial
BRAK INFORMATION RVG mit den Änderungen durch das KostBRÄG 2025 Neben dem Gesetzestext und den Änderungen durch das zum 1.6.2025 in Kraft getretene Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetz 2025 (KostBRÄG 2025) enthält die Broschüre zahlreiche Tabellen zu den anwaltlichen und den gerichtlichen Gebühren. Neben der linearen Anhebung der Gebührenbeträge werden im RVG auch zahlreiche strukturelle Änderungen vorgenommen, die überwiegend eine Verbesserung für Anwältinnen und Anwälte zur Folge haben. Sämtliche Änderungsgesetze seit der letzten Auflage wurden zudem eingearbeitet, u.a. das Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz (VRUG), das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz, das Zweite Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes, das Gesetz zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof sowie das Postrechtsmodernisierungsgesetz (PostModG). Die Broschüre (DIN A5, 113 Seiten) ist im Juni 2025 erschienen. Sie kostet 6,50 Euro zzgl. MwSt. und Versand.* Aus dem Inhalt: • NEU! Erläuternde Übersicht zu den Änderungen durch das KostBRÄG 2025 • Gesetzestext RVG • Tabelle der Rechtsanwaltsgebühren nach § 13 RVG • Tabelle der PKH-/VKH-Gebühren nach § 49 RVG • Tabelle der Gebühren in Strafsachen • Tabelle der Gebühren in Bußgeldsachen • Tabelle der Gerichtsgebühren nach § 34 GKG / § 28 FamGKG • Kostenrisikotabelle für einen Prozess mit zwei Anwälten samt Gerichtskosten für die 1. und die 2. Instanz * Weitere Informationen im Web unter: https://www.brak.de/fuer-anwaelte/publikationen/brak-information-rvg/ Bestellungen unter: bestellungen@brak.de
BRAK MAGAZIN 3/2025 13 KI TRIFFT AUF EMPATHIE Drei Impulse für Ihr Personal Branding als Anwältin oder Anwalt Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer, Karriere-Coach für Jurist:innen, Berlin In einer zunehmend digitalisierten Berufswelt verändert Künstliche Intelligenz (KI) mit ChatGPT & Co. nicht nur die juristische Arbeitsweise. Auch das Personal Branding von Anwältinnen und Anwälten wird davon beeinflusst – auf LinkedIn ebenso wie bei Vorträgen, Veröffentlichungen oder im persönlichen Austausch. Viele stellen sich deshalb die Frage: Wie gelingt Sichtbarkeit zwischen KI-Effizienz und echter Authentizität – digital wie analog? Die gute Nachricht: Gerade Anwältinnen und Anwälte, die sich klar positionieren, Haltung zeigen und persönliche Verbindungen aufbauen, haben heute mehr denn je die Chance, sichtbar, bekannt und anerkannt zu werden. Drei konkrete Tipps, wie Sie KI sinnvoll für Ihr Personal Branding nutzen – ohne Ihre persönliche Note zu verlieren: TIPP 1: KLARE POSITIONIERUNG MIT ANWALTSPERSÖNLICHKEIT Ihre Expertise allein ist schon lange kein Freifahrtschein mehr. Je besser Sie jedoch Ihre Kompetenzen und Zielgruppe kennen, desto klarer können Sie sich positionieren. Hier kann KI Sie unterstützen, indem diese Themen analysiert oder Inhalte strukturiert. Doch das Fundament sind Ihre Alleinstellungsmerkmale, die klar herauszuarbeiten sind: Wofür stehen Sie als Anwältin oder Anwalt? Mit welchen Rechts- oder Fachthemen sollen Sie andere verbinden? Wie wollen Sie als Person wahrgenommen werden? Sichtbarkeit entsteht durch Wiedererkennbarkeit – und die durch ein Profil mit Kontur. Ihr Auftritt – ob auf LinkedIn oder im analogen Raum – wird zur Visitenkarte Ihrer beruflichen Identität. Zeigen Sie Fachwissen, aber auch Persönlichkeit. Gerade in einem vertrauensbasierten Berufsfeld ist Nahbarkeit ein echter Vorteil. TIPP 2: SICHTBARKEIT MIT STRATEGIE – NICHT MIT LAUTSTÄRKE Personal Branding bedeutet nicht, sich in Szene zu setzen. Es heißt, mit relevanten Inhalten regelmäßig präsent zu sein. Statt sich in Szene zu setzen, geht es vielmehr darum, die jeweilige Zielgruppe mit relevanten Inhalten anzusprechen – und das konsistent, glaubwürdig und professionell. Die Frage lautet dabei nicht: „Wie oft?“, sondern vielmehr „Was und wie?“ Denn in der heutigen Zeit der Reizüberflutung wird echter Mehrwert zum Alleinstellungsmerkmal. Die KI kann für Sie Trends erkennen, Beiträge optimieren, Zielgruppen analysieren – doch was sie nicht kann, ist emotional zu verbinden. Das können nur Sie. Beim Personal Branding dürfen Sie Ecken und Kanten zeigen. Denn gerade in einem Berufsfeld, das oft als distanziert wahrgenommen wird, ist Ihre Nahbarkeit ein strategischer Vorteil – auch gegenüber der KI. Wer Vertrauen schaffen will, muss sich als Anwältin oder Anwalt nahbar machen und Persönlichkeit zeigen. TIPP 3: NETZWERKPFLEGE MIT EMPATHIE Ob auf LinkedIn oder auf Netzwerkveranstaltungen – echtes Networking bleibt ein Schlüsselfaktor für nachhaltigen Erfolg. Gerade in einer Zeit, in der Kontakte oft nur noch„geklickt“ werden, ist der persönliche Austausch wertvoller denn je. KI kann Sie bei der Auswahl relevanter Kontakte oder beim Monitoring von Interaktionen unterstützen. Doch ihr allein gelingt nicht, was am Ende zählt: echte Beziehungen. Deshalb lohnt es sich, gezielt in Austausch zu investieren – online wie offline. Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche, interagieren Sie mit Beiträgen anderer auf LinkedIn oder teilen Sie Einblicke in Ihren Beruf bzw. Alltag. Das schafft Vertrauen und Sichtbarkeit zugleich. IHRE PERSÖNLICHKEIT IST DER SCHLÜSSEL KI ist ein hilfreiches Werkzeug – aber kein Ersatz für Ihre Persönlichkeit. Nutzen Sie KI gezielt, bleiben Sie dabei authentisch, sichtbar und nahbar. Denn Vertrauen, Verbindung und Wirkung entstehen allein durch Sie. Foto: Anton Vierietin/shutterstock.com
BRAK MAGAZIN 3/2025 14 MEHR REALITÄT IN DER FACHANWALTSCHAFT Aus der 4. Sitzung der 8. Satzungsversammlung Ass. jur. Lissa Gerking, LL.M. (Norwich), BRAK, Berlin Verschiedene Themen standen am 26.5.2025 auf der Tagesordnung der 4. Sitzung der 8. Satzungsversammlung, dem „Parlament der Anwaltschaft“. Die größte Veränderung und den meisten Diskussionsbedarf bringt jedoch die beschlossene Anpassung der Voraussetzungen für den Erwerb der Fachanwaltschaften mit sich. Aufgrund von sinkenden Verfahrenszahlen, regionalen Unterschieden und veränderten Arbeitsrealitäten soll die Frist zur Beibringung der besonderen praktischen Erfahrung von drei auf fünf Jahre angehoben werden. Weitere Änderungen der BORA soll es im Bereich der Werbung (§ 6 BORA) im Zusammenhang mit Hinweispflichten bei gemeinschaftlicher Berufsausübung (§ 8 BORA) und Briefbögen (§ 10 BORA) geben. HINTERGRUND DER FACHANWALTSCHAFTSREFORM In den letzten Jahren zeigte sich insgesamt ein Rückgang für den Erwerb einer Fachanwaltschaft, trotz stetiger Ausweitung der möglichen Fachgebiete. Insbesondere war ein Rückgang von Fachanwaltschaften im Familien- oder Sozialrecht zu beobachten, die bislang mehrheitlich von Rechtsanwältinnen erworben wurden. Insgesamt haben Fachanwältinnen nicht einmal ein Drittel aller Fachanwaltschaften inne, obwohl Rechtsanwältinnen einen deutlich größeren Anteil der Rechtsanwaltschaft ausmachen. Im Hinblick auf die diesbezüglichen Beschlüsse der 1. Satzungsversammlung im Jahr 1995, dass „trotz ausreichender theoretischer Kenntnisse nicht über Fallzahlen schwer überwindbare Zugangsschranken entstehen“ (1. SV, Protokoll vom 13.10.1995, S. 26 f.) sollen, ergab sich ein Handlungsbedarf. Der zuständige Ausschuss 1 der Satzungsversammlung befasste sich daher eingehend mit den Hintergründen dieser Entwicklung. Zum einen führten immer weiter verbreitete Teilzeitmodelle dazu, dass in dem bisherigen Drei-Jahres-Zeitraum entsprechend der Arbeitszeit nur weniger einschlägige Fälle bearbeitet werden konnten. Zum anderen führten rückläufige Verfahrenszahlen und deutliche regionale Unterschiede, insbesondere ländliche verglichen mit urbanen Gebieten, zu weiteren tatsächlichen Zugangshemmnissen und Disparitäten. ÖFFNUNG DER ZUGANGSSCHRANKE – DER NEUE § 5 I 1 FAO Der aus den Strukturveränderungen klarwerdende Reformbedarf war Ausgangspunkt der Überlegungen für eine Anpassung der FAO im Ausschuss. Durch die Verlängerung des Zeitraums für den Erwerb besonderer praktischer Erfahrungen für die Erlangung der Fachanwaltschaft von drei auf fünf Jahre nach dem beschlossenen neuen § 5 I 1 FAO sollen die erkannten Zugangshürden verringert und eine Chancengleichheit insbesondere für Rechtsanwältinnen für den Zugang zu einer Fachanwaltschaft hergestellt werden. Im Hinblick auf die Rechtsuchenden soll auch in der Fläche eine spezialisierte Abdeckung des Zugangs zum Recht anhaltend gewährleistet werden. Das „Qualitätssiegel“ der Fachanwaltschaft erfordert neben besonderen theoretischen Kenntnissen auch besondere praktische Erfahrungen. Die praktischen Erfahrungen liegen nach § 2 II FAO dann vor, „wenn diese auf dem Fachgebiet erheblich das Maß dessen übersteigen, das üblicherweise durch die berufliche Ausbildung und praktische Erfahrung im Beruf vermittelt wird.“ Diese Qualitätsanforderung könne nach Ansicht der Satzungsversammlung bei einer Erhaltung der geforderten Fallzahlen nur durch eine Ausdehnung des Nachweiszeitraums an die veränderten Umstände zukunftstauglich angepasst werden. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Satzungsänderung wurde Abstimmung in der 4. Sitzung der 8. Satzungsversammlung
BRAK MAGAZIN 3/2025 15 in diesem Zusammenhang die Beibehaltung des Nachweiszeitraums diskutiert. Aufgrund des Bedürfnisses einer Qualitätssicherung der Fachanwaltschaft wurde zum Zwecke einer tatsächlichen Fokussierung der Nachweiszeitraum ausgedehnt und nicht beispielsweise gänzlich abgeschafft. Eine Abschaffung würde dem erklärten Ziel der Fachanwaltschaft widersprechen, eine besonders gute Kenntnis eines Rechtsgebiets in der Praxis zu haben, indem eine erforderliche schwerpunktmäßige Tätigkeit nicht mehr notwendig wäre, und die Fallzahlen en passant erreicht würden. Zwar sprachen sich vereinzelte Stimmen reaktionär für den Erhalt der bisherigen Zugangshürden zur Fachanwaltschaft – unter Verweis darauf, dass man diese Anforderungen in der Vergangenheit ebenfalls erfüllt habe – aus. Jedoch fiel das Abstimmungsbild für die vorgeschlagene Satzungsänderung sehr deutlich aus, mit weniger als zehn Gegenstimmen bzw. Enthaltungen. ANPASSUNGEN DER EINZELNEN FACHANWALTSCHAFTEN Neben den für alle Fachanwaltschaften anwendbaren Zeitbestimmungen sollen auch einige der spezifischen Anforderungen an die Fachanwaltschaften Arbeitsrecht (§ 5 I lit. c) FAO), Sozialrecht (§ 11 FAO), Familienrecht (§ 5 I lit. e) FAO), Strafrecht (§ 5 I lit. f) FAO), Erbrecht (§ 14f FAO) sowie Bank- und Kapitalmarktrecht (§ 14l FAO) angepasst werden. Die einzelnen Veränderungen spiegeln ebenfalls die veränderte Wirklichkeit der jeweiligen Fachgebiete wider. Veränderte Verfahrenszahlen sowie Anpassungen an fortschreitende Technik im Falle des § 14l FAO und die Erfassung von Mediationsverfahren im Familienrecht verdeutlichen die fortlaufende Anpassung des Satzungsrechts an die Praxisrealität. Auch die übrigen Fachanwaltschaften prüft der Ausschuss 1 derzeit auf Reformbedarf, dies soll Gegenstand der nächsten Sitzungen sein. NEUREGELUNG DER WERBUNG UND AUSSENDARSTELLUNG Obwohl der zuständige Ausschuss 2 für Allgemeine Berufs- und Grundpflichten und Werbung selbst uneins war, wurden die vorgeschlagenen Änderungen der §§ 6, 8 und 10 BORA beschlossen. Die Neufassung von § 6 BORA erlaubt im neuen § 6 I 2 BORA im Gegensatz zur bisherigen Regelung auch die Werbung mit einem einzelnen Mandat – in den Grenzen des neuen § 6 II BORA. In diesem zweiten Absatz wird klargestellt, dass auch solche Mandate einer Einwilligung zur Werbung bedürfen, die nicht mehr der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Die neuen Absätze 2 und 3 des § 8 BORA, die aus den bisherigen § 10 III und IV BORA entnommen wurden, sollen einheitliche Regelungen zum Außenauftritt schaffen. Dies stellt lediglich eine systematische Änderung dar. § 10 BORA erhält unter der Überschrift„Informationspflichten“ einen veränderten Inhalt. Der neue Absatz 1 enthält allgemeine Informationspflichten, Absatz 2 Informationen, die auf Anfrage mitzuteilen sind. REDAKTIONELLE ÄNDERUNGEN Der Ausschuss 8 zur Modernisierung von BORA und FAO arbeitet anhaltend daran, die Satzungen einheitlich zu halten. Aus diesem Grund wurde beschlossen, einige abgekürzte Gesetzesbezeichnungen innerhalb der BORA auszuschreiben. Ein weiterer Impuls dieses Ausschusses war, über die Notwendigkeit der Modernisierung des § 1 BORA („Freiheit der Advokatur“) nachzudenken. Konkrete Überlegungen wurden zum jetzigen Stand nicht mitgeteilt, sodass möglicherweise die nächste Sitzung der Satzungsversammlung Diskussionspotenzial über das Selbstverständnis der Anwaltschaft mitbringt. VOM BESCHLUSS ZUM SATZUNGSRECHT Die schriftlich bestätigten Beschlüsse des Plenums wurden dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz nach § 191e BRAO zur Prüfung zugeleitet. Sofern dort innerhalb von drei Monaten keine Beanstandung erfolgt, werden die Beschlüsse durch die BRAK veröffentlicht und treten am ersten Tag des dritten auf die Veröffentlichung folgenden Monats in Kraft. Die Satzungsversammlung ist ein unabhängiges Beschlussorgan, das organisatorisch bei der BRAK angesiedelt ist (s. Nitschke, BRAKMagazin 1/2023, 13). Sie beschließt aufgrund von § 59a BRAO konkretisierende Regelungen zur BRAO in der BORA und der FAO. Die Satzungsversammlung besteht aus den Delegierten der regionalen Rechtsanwaltskammern, den Präsidentinnen und Präsidenten der Rechtsanwaltskammern und den Mitgliedern des BRAK-Präsidiums. Stimmberechtigt sind jedoch nur die von den Anwältinnen und Anwälten in den einzelnen Kammerbezirken in freier, gleicher und geheimer Wahl direkt gewählten Delegierten. Alle Mitglieder der Satzungsversammlung sind ehrenamtlich tätig. Die nächste Sitzung der Satzungsversammlung findet am 1.12.2025 in Berlin statt.
BRAK MAGAZIN 3/2025 16 MIT BRIEF UND SIEGEL Wie Kammern dabei helfen, durch gute Ausbildung nachhaltig Rechtsanwaltsfachangestellte zu gewinnen Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin Rechtsanwaltsfachangestellte (ReFa) sind wahre Tausendsassas: Sie managen die täglichen Abläufe in der Kanzlei, kommunizieren mit Mandaten, koordinieren Termine, haben die Fristen im Blick, kümmern sich um Honorarabrechnungen, Zwangsvollstreckung und vieles mehr. Doch obwohl der Beruf so vielfältig, verantwortungsvoll und spannend ist, hat er sich immer mehr zum Mangelberuf entwickelt. MANGELBERUF REFA Dahinter stecken mehrere Gründe: Immer häufiger kehren ReFas direkt nach Abschluss ihrer Ausbildung oder nach einigen Berufsjahren der Anwaltschaft den Rücken und sind in Justiz, Verwaltung oder Unternehmen tätig – bei ähnlichen Arbeitsinhalten, aber für sie attraktiveren Arbeitsbedingungen. Das zeigt etwa eine aktuelle Studie des Instituts für Freie Berufe (IFB) der Universität Erlangen-Nürnberg, die sich eingehend mit der Jobzufriedenheit von ReFas befasst. Seit Jahren sinkt die Zahl derer, die sich für eine Ausbildung zur ReFa oder Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten (ReNo) entscheiden, kontinuierlich. Zum 30.9.2024 wurden 3 % weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Vorjahr, wie die jüngste Statistik des Bundesinstituts für Berufsbildung belegt. Sie beruht auf den Meldungen der Rechtsanwaltskammern, die als zuständige Stellen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) über die Ausbildung wachen. Die Ausbildungsberufe unterscheiden sich dabei etwas: Bei den ReNos stieg die Zahl geringfügig, bei den ReFas sank sie. Auch regional gibt es Unterschiede. 16 Rechtsanwaltskammern hatten zum Teil deutlich rückläufige Zahlen zu verzeichnen, bei zweien blieben die Zahlen unverändert, lediglich bei zehn Kammern gab es leichte Zuwächse. Hinzu kommt, dass ein wachsender Teil die Ausbildung nicht beendet, was den Rückgang an ausgelernten ReFas und ReNos, die in der Anwaltschaft ihren Beruf ausüben, noch verschärft. Die Abbrecherquote lag in vielen Kammerbezirken zwischen etwa einem Viertel und einem Drittel der Auszubildenden, in manchen sogar bei mehr als der Hälfte. Das ergab eine Untersuchung aus dem Jahr 2023. VERGÜTUNG IST NICHT ALLES Ein Grund, warum ReFa und ReNo nicht zu den attraktivsten Ausbildungsberufen zählten, war lange Zeit die Ausbildungsvergütung, die im Vergleich zu ähnlichen Berufen gering ausfiel. Die Rechtsanwaltskammern steuerten hier in den letzten Jahren nach und hoben ihre Vergütungsempfehlungen an, so dass die Vergütung inzwischen konkurrenzfähiger ist. Doch an der Vergütung liegt es jedenfalls nicht allein. Vielmehr sind es vor allem zwei andere Faktoren, folgt man der Studie des IFB zur Jobzufriedenheit und der Abbrecher-Untersuchung: einerseits Arbeitsklima und Wertschätzung, andererseits die Qualität der Ausbildung. Beides hängt natürlich miteinander zusammen. Was den ersten Faktor angeht, ist klar: Anwältinnen und Anwälte haben das Image, miese Chefs zu sein. Kein Umgang auf Augenhöhe, herablassender oder unfreundlicher Ton, hoher Zeitdruck, starre Abläufe, wenig Anerkennung für Geleistetes – so in etwa lässt sich zusammenfassen, was ReFas oder Azubis in beiden Studien als Gründe angaben, weshalb sie der Anwaltschaft den Rücken kehrten oder zwar noch dort arbeiten, aber den Beruf nicht wieder wählen würden. Die betriebliche Ausbildung leidet, so die beiden Studien, häufig daran, dass die ausbildenden Anwältinnen und Anwälte unzureichend über die Lehrpläne ihrer Azubis informiert sind und ihre Rolle als Ausbildende nicht ernst genug nehmen. Sie übertragen ihren Azubis Aufgaben, die erst viel später in der Schule durchgenommen werden, lassen sie gelernte Dinge nicht ausführen – Honorarrechnungen schreiben z.B. –, setzen sie lediglich als billige Schreib- und Telefonkräfte oder für Hilfstätigkeiten ein. Drastischer formulierte es die angehende ReFa Jasmin Troitsch: „Vernachlässigung der Ausbildungspflicht“ nannte sie derartige Praktiken in ihrem Vortrag bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Rechtsanwaltskammer Berlin und BRAK im November 2024. Zu Recht – denn § 14 BBiG regelt klar, was von Ausbildenden erwartet wird. Nämlich, den Azubis das zu vermitteln, was zum Erreichen des Ausbildungsziels in der vorgesehenen Ausbildungsdauer nötig ist. Und sie dürfen ihren Azubis nur Aufgaben
BRAK MAGAZIN 3/2025 17 übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen. Die eben erwähnten Praktiken, die so oder ähnlich sowohl in den beiden Untersuchungen als auch anekdotisch von ReFa-Azubi Troitsch geschildert wurden, sind für die betroffenen Azubis frustrierend – kein Wunder, wenn sie ihre Ausbildung abbrechen oder über einen Kanzleiwechsel nachdenken. AKTIV GEGENSTEUERN – FÜR BESSERE AUSBILDUNG UND MEHR KÜNFTIGE FACHKRÄFTE Natürlich sind nicht alle Anwältinnen und Anwälte so schlechte Chefs und Ausbildende. Vielmehr sind es einzelne, die ein schlechtes Image der gesamten Anwaltschaft fördern. Doch Ausbildungs-Interessierte stoßen im Netz und in ihrem Umfeld vor allem auf Kanzleien, die bereits ausgebildet haben – und damit auch auf die Negativbeispiele. Genau hier setzt das von der Rechtsanwaltskammer Koblenz im Jahr 2024 initiierte Qualitätssiegel „Azubi-geprüft“ an. Mit ihm können Kanzleien sich als gute Ausbildungsbetriebe sichtbar machen. Acht Rechtsanwaltskammern bieten das Siegel nunmehr an, im Frühjahr 2025 starteten nicht nur alle bayerischen Kammern in einer gemeinsamen Aktion, sondern auch die Kammer Berlin. Das Siegel können Kanzleien beantragen, die Führungskräfte-Fortbildungen nachweisen und so belegen, dass sie sich mit ihrer Rolle als Chefs kritisch auseinandersetzen. Sie müssen zudem versichern, den Ausbildungsrahmenplan einzuhalten und sich zu Ausbildungs-Leitsätzen bekennen. Außerdem müssen in der Kanzlei beschäftigte Azubis den Antrag unterstützen. Dazu werden sie zur Zufriedenheit mit ihrer Ausbildung befragt, z.B. ob die zwingenden Ausbildungsinhalte vermittelt werden und die Vergütung der Empfehlung der Kammer entspricht. Mit dem Siegel darf die Kanzlei dann drei Jahre lang werben, eine Verlängerung ist möglich, muss aber von einem anderen Azubi unterstützt werden. Gibt es Beschwerden von Azubis, suchen die Kammern das Gespräch mit den Kanzleien und können ggf. das Siegel auch wieder aberkennen. Das Siegel zeigt bereits Wirkung: 20 % weniger Ausbildungsabbrüche gibt es im Bezirk der Kammer Koblenz, verriet deren Geschäftsführerin Melanie Theus jüngst in einem Interview in beck-aktuell. Und enorm viel positive Resonanz von „Siegelkanzleien“, die nun Bewerbungen erhalten, aber auch von zufriedenen Azubis und ReFas. Theus gibt Kanzleien außerdem mit: „Ein glücklicher Mitarbeiter ist der beste Botschafter Ihrer Kanzlei und ein Magnet für neue Fachkräfte.“ LITERATUR ZUR SITUATION VON REFAS Genitheim, BRAK-Mitt. 2025, 5: Jobzufriedenheit von ReFas und Azubis Theus/Nitschke, BRAK-Mitt. 2023, 212: Ausbildungsabbrüche und ihre Gründe Genitheim/Herl, BRAK-Mitt. 2023, 281: Probleme in der ReFa-Ausbildung Nitschke, BRAK-Magazin 1/2025, 6: Veranstaltung von RAK Berlin und BRAK zur ReFaAusbildung Vortrag von Jasmin Troitsch im Volltext AUSBILDUNGSSIEGEL ZUM LESEN UND ANHÖREN Theus, beck-aktuell v. 14.5.2025: Hintergründe zum Ausbildungssiegel„Azubi-geprüft“ Podcast„(R)ECHT INTERESSANT!“: „Ritterschlag für Arbeitgeber und Ausbilder“: Begründung des Ausbildungssiegels durch die Rechtsanwaltskammer Koblenz „Ausgezeichnet! Da sind die guten Ausbilder und Arbeitgeber!“ | Philipp Lange: Ausbildungssiegel der Rechtsanwaltskammer Sachsen Ausbildungsinitiative der drei bayerischen Rechtsanwaltskammern: Start des Ausbildungssiegels in Bayern AUSBILDUNGSINITIATIVEN DER RECHTSANWALTSKAMMERN Informationen der Rechtsanwaltskammern zum Ausbildungssiegel für ihren jeweiligen Kammerbezirk: Rechtsanwaltskammer Bamberg Rechtsanwaltskammer Berlin Rechtsanwaltskammer Freiburg Rechtsanwaltskammer Karlsruhe Rechtsanwaltskammer Koblenz Rechtsanwaltskammer München Rechtsanwaltskammer Nürnberg Rechtsanwaltskammer Sachsen Foto: Rechtsanwaltskammer Koblenz
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