BRAK MAGAZIN 2/2025 6 BRENNPUNKTE DES VERWALTUNGSRECHTS Der BRAK-Ausschuss Verwaltungsrecht im Fachgespräch mit dem Bundesverwaltungsgericht Rechtsanwalt Sven Krautschneider, BRAK, Berlin Am 12.2.2025 hatten die Mitglieder des Ausschusses Verwaltungsrecht der BRAK die Gelegenheit, ein Fachgespräch mit dem Präsidenten und mit Richterinnen und Richtern des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu führen. Hierbei ging es um aktuelle Fragen und Brennpunkte der verwaltungsrechtlichen Praxis. Am Vorabend tauschten sich die Ausschussmitglieder bei einem gemeinsamen Abendessen in Leipzig über die auf der Agenda stehenden Themen aus. Tags darauf wurden die Ausschussvorsitzende Dr. Sigrid Wienhues und die weiteren Mitglieder vom Präsidenten des BVerwG, Prof. Dr. Andreas Korbmacher, herzlich im historischen Gerichtsgebäude begrüßt. An der anschließenden Diskussion nahmen neben ihm auch Dr. Susanne Rublack, Vizepräsidentin des BVerwG, die Vorsitzende Richterin Prof. Dr. Ulrike Bick, der Vorsitzende Richter Prof. Dr. Christoph Külpmann sowie die Richterinnen und Richter am BVerwG Dr. Knut Möller, Dr. Carsten Tegethoff und Prof. Dr. Isabel Schübel-Pfister teil. ENTSCHEIDUNGEN DES GERICHTS MIT UNMITTELBAREN AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS Das Fachgespräch drehte sich um zentrale Themen der verwaltungsrechtlichen Praxis, u.a. den Einfluss des BVerwG auf Genehmigungsverfahren. Die Ausschussmitglieder beleuchteten anhand von Fallbeispielen, z.B. aus dem Baurecht, inwieweit die Entscheidungen des BVerwG die Genehmigungspraxis der Behörden oder die Einlegung von Rechtsmitteln durch Dritte beeinflussen. Während die Klärung offener Rechtsfragen durch das BVerwG Vorteile für alle Beteiligten bringt, wurde diskutiert, inwieweit Einzelfallentscheidungen des Gerichts unter Umständen auch neue Einwendungsmöglichkeiten, z.B. gegen Baugenehmigungen, eröffnen könnten. Auch die Auswirkungen von obiter dicta wurden erörtert, das sind in Entscheidungen des Gerichts geäußerte Rechtsansichten, die nicht die gefällte Entscheidung tragen, sondern geäußert werden, weil sich die Gelegenheit dazu bot. In der Diskussion wurde deutlich, dass obiter dicta einerseits für die anwaltliche Praxis hilfreich sind, da sie z.B. Hinweise zur Auslegung und Anwendung bestimmter Normen geben oder Ausführungen zu einem juristischen Problem enthalten. Andererseits besteht die Gefahr, die Rechtsanwendenden zu verunsichern, wenn von ständiger Rechtsprechung ohne Entscheidungserheblichkeit abgewichen werde. DIGITALISIERUNG DER JUSTIZ Zudem standen die Digitalisierung der Justiz und auch virtuelle Gerichtsverhandlungen im Fokus. Hier wurden die Vor- und Nachteile von Online-Verhandlungen erörtert, wie z.B. das Fehlen des direkten persönlichen Kontakts, aber auch die Erleichterung durch den Wegfall langwieriger Anreisen zum Gericht. Es wurde deutlich, dass grundsätzlich auch komplizierte Verhandlungen, in denen z.B. Sachverständige angehört werden, online durchgeführt werden können. OFT LANGE VERFAHRENSDAUER Im weiteren Verlauf wurde das Thema „Verfahrensbeschleunigung aus anwaltlicher Sicht“ aufgegriffen. Hierzu erläuterten die Ausschussmitglieder, dass die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten häufig durch sehr lange Verfahrensdauern gekennzeichnet seien. Dies laufe der in Art. 19 IV GG verankerten Rechtsweggarantie zuwider, denn diese beinhaltet nicht nur, dass überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes. Die Ausschussmitglieder unterbreiteten Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung, die nach geltendem Recht bereits umsetzbar sind, z.B. die Übertragung auf den Einzelrichter oder eine striktere Handhabung von Begründungs- und Erwiderungsfristen. Einig waren sich die Teilnehmenden, dass auch die personelle und sächliche Ausstattung der Verwaltungsgerichte verbessert werden muss. BEREICHERNDE DISKUSSION Die interessante Diskussion auf hohem Niveau erwies sich für alle Teilnehmenden wieder als sehr bereichernd. Es wurde vereinbart, im Austausch miteinander zu bleiben und die Tradition der Fachgespräche auch in Zukunft fortzusetzen. Eingangshalle des ehemaligen Reichstagsgebäudes in Leipzig, seit 2022 Sitz des BVerwG Foto: Gbecker248
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