BRAK MAGAZIN 2/2025 4 STARKES ZEICHEN FÜR DIE RECHTSSTAATLICHKEIT Der gemeinsame Neujahrsempfang der europäischen Anwaltschaften in Brüssel Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ., BRAK, Berlin, und Ass. iur. Nadja Wietoska, BRAK, Brüssel Er ist eine lange Brüsseler Tradition: der Neujahrsempfang der Anwaltschaften. Gemeinsam läuteten BRAK, Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Česká advokátní komora, Orde van Vlaamse Balies, Bar Council of England and Wales, Ordre des Barreaux Francophones et Germanophones de Belgique und Barreau de Luxembourg am 3.2.2025 das neue Jahr ein. Es markiert zugleich den Beginn der Tätigkeit der seit Ende 2024 amtierenden neuen EUKommission – ein zukunftsweisender und spannender Zeitpunkt, wenige Tage bevor die Kommission ihr Arbeitsprogramm 2024–2029 veröffentlichte und kurz bevor die Gesetzgebungstätigkeit in Brüssel wieder Fahrt aufnimmt. AM PULS DER BRÜSSELER POLITIK Die europäische Politik und Gesetzgebung prägen das deutsche Recht seit vielen Jahren zunehmend. Bereits Anfang der 1990er Jahre entschied die BRAK daher, dass eine effektive Interessenvertretung der deutschen Anwaltschaft auch in Europa stattfinden muss. Das Brüsseler Büro der BRAK beobachtet deshalb die Aktivitäten und Vorhaben der EU-Institutionen und pflegt Kontakte mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments und mit Vertreterinnen und Vertretern der Kommission und des Rates. Wie auf nationaler Ebene informiert sie in Einzelgesprächen, durch Stellungnahmen und Beteiligung an Konsultationen darüber, welche Anliegen die Anwaltschaft hat und wie Anwältinnen und Anwälte als Rechtsanwendende aktuelle Gesetzesvorhaben sehen. BRÜSSELER NETZWERKEN Ihre Büroräume in Brüssel teilt die BRAK mit den Anwaltsorganisationen aus Österreich, Tschechien, Belgien, England und Wales und Luxemburg. Auch über diese Bürogemeinschaft hinaus pflegt sie engen Kontakt zu Anwaltsorganisationen aus anderen europäischen Ländern. Zudem wirkt sie im Rat der europäischen Anwaltschaften (CCBE) mit, der die Stimmen der nationalen Anwaltschaften bündelt und ihnen so mehr Gehör in Politik und Wirtschaft verschafft. Über 130 Gäste folgten der Einladung in die gemeinsame Repräsentanz in der Brüsseler Avenue des Nerviens. Neben den Mitgliedern der Präsidien der BRAK und der mitgastgebenden Anwaltsorganisationen kamen auch zahlreiche Personen aus dem Brüsseler Politikbetrieb, den europäischen Institutionen und den Generaldirektionen der EUKommission. Die Anwaltschaft war mit hochrangigen Repräsentantinnen und Repräsentanten des CCBE sowie Delegierten verschiedener EU-Mitgliedstaaten hervorragend vertreten. Wie wichtig die Repräsentanz der Anwaltsverbände in Brüssel und ihre Kooperation über nationale Grenzen hinaus sind, betonte auch die Präsidentin des Bar Council of England and Wales, Barbara Mills KC, zum Auftakt der Veranstaltung in ihrem Grußwort. KEIN POLICY BRIEFING, ABER VIEL RECHTSPOLITIK Als Festredner ergriff sodann der neue Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit, Michael McGrath, das Wort. „Keine Sorge, ich gebe kein Policy Briefing“, versprach er eingangs, doch er gewährte wichtige Einblicke in die Pläne der neuen Kommission. An den Anfang seiner Rede stellte er, weshalb dabei die Anwaltschaft eine wichtige Rolle spielt: Anwältinnen und Anwälte seien die Hüter und Verteidiger unserer Rechtssysteme. Daher seien sie an vielen Stellen essenziell, um die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen, um Opfer- und Beschuldigtenrechte zu wahren, um die Freiheit und Vielfalt von Medien zu schützen, um die Integrität des gemeinsamen Marktes sicherzustellen. Kurzum: Sie seien fundamental für gesunde demokratische Systeme. Umso wichtiger findet McGrath, dass Anwältinnen und Anwälte frei von externer Einflussnahme und Beschränkung ihren Beruf ausüben können. Vor diesem Hintergrund begrüßte er ausdrücklich die (wenige Tage später im Ministerkomitee des Europarats angenommene) Konvention zum Schutz des Anwaltsberufs, der – so hoffe er – alle Mitgliedstaaten, aber auch Staaten über die EU-Grenzen hinaus beitreten. Der Justizkommissar wurde von Kommissionspräsidentin von der Leyen damit betraut, eine neue Digital- und KI-Strategie für die Justiz zu erarbeiten. Dazu kündigte er an, er werde nicht nur mit den Mitgliedstaaten und dem Parlament sprechen, sondern setze auch auf die Expertise der Anwaltschaft. Im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit signalisierte McGrath, man wolle begonnene Gesetzesvorhaben zu Ende führen und existierende
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