IMPRESSUM Bundesrechtsanwaltskammer – Körperschaft des öffentlichen Rechts, Littenstraße 9, 10179 Berlin Redaktion: Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. (verantwortlich) Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln (ausführliches Impressum unter www.brak.de/zeitschriften) EDITORIAL VIELLEICHT EINE GROSSE ERFOLGSGESCHICHTE! Die Europarats-Konvention zum Schutz des Anwaltsberufs ist beschlossen Rechtsanwältin Dr. Margarete Mühl-Jäckel, LL.M. (Harvard), Potsdam Vorsitzende des BRAK-Ausschusses Menschenrechte Es könnte eine große Erfolgsgeschichte werden mit der Konvention des Europarats zum Schutz der Berufsausübung der Anwaltschaft! Das Ministerkomitee beschloss den Text der Konvention und des Erläuterungsberichts am 12.3.2025. Das Verfahren der Ratifikation beginnt voraussichtlich im Mai 2025. Nach Ratifikation durch mindestens acht Staaten, davon sechs Mitgliedern des Europarats, tritt die Konvention in Kraft. Über sieben Jahre dauerte die Arbeit an dem Projekt der Konvention. Von Anfang an beteiligte sich die BRAK, vor allem durch ihre Ausschüsse Menschenrechte und Europa, intensiv. Die Initiative ging 2016 von französischen Kollegen über den Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) aus; dieser schlug dem Generalsekretär des Europarats vor, eine Konvention zum Schutz der Berufsausübung der Rechtsanwälte zu erarbeiten. Die Antwort war diplomatisch offen! Aber es folgten erste konkrete Schritte. 2017 nahm der Ausschuss Menschenrechte Stellung zu der noch vagen Perspektive einer Europarats-Konvention. Zentral war die Frage, ob und warum eine Konvention erforderlich sei. Denn die Freiheitsgarantien der EMRK umfassen in der Auslegung des EGMR auch die anwaltliche Berufsfreiheit. Dagegen behandeln die UN Basic Principles on the Role of Lawyers (1990) und die Recommendation Rec(2000)21 des Ministerkomitees des Europarats nur Teilaspekte und sind nicht rechtsverbindlich. Das bestehende Regelungsbedürfnis – die grundlegende rechtspolitische Frage, von der die Realisierung des Projekts im Europarat abhing – musste auch den zuständigen nationalen Ministerien vermittelt werden. Bereits Ende 2017 leitete der CCBE dem Europarat eine erste Stellungnahme mit dem Entwurf einer Präambel zu – das Ergebnis einer eher spontanen Diskussion unter zahlreichen nationalen Anwaltsorganisationen. Anfang 2018 gab die Parlamentarische Versammlung des Europarats den Startschuss für die Erarbeitung einer Konvention. Es folgte eine längere Phase der internen Prüfung. Der CCBE richtete eine working group ein, deren Vorsitz der Pariser Rechtsanwalt Laurent Pettiti mit großem Engagement übernahm und an der auch ich mitwirkte. Die Zielstellung war klar: Eine rechtlich bindende Konvention sollte einen gegenüber der EMRK und dem case law des EGMR besseren Schutzstandard begründen. Doch es kamen auch warnende Signale aus den Mitgliedstaaten: Die bereits entwickelten Garantien der anwaltlichen Berufsfreiheit dürften im Zuge der Verhandlungen nicht verwässert werden. Daher wurde die Geltung der EMRK unter Berücksichtigung des case law des EGMR von vornherein gefordert. Auch wurde das Risiko, ob eine für das Inkrafttreten ausreichende Zahl von Staaten eine Konvention ratifizieren würde, kritisch erwogen. Zur Absicherung der rechtspolitischen Grundentscheidung ließ der zuständige Ausschuss des Europarats für Juristische Zusammenarbeit (CDCJ) 2019/2020 durch Jeremy McBride, Barrister in London, eine Machbarkeitsstudie erstellen. Diese verdeutlichte, dass die beachtliche Rechtsprechung des EGMR nicht alle regelungsbedürftigen Themen abdeckt. Mit einer umfassenden, rechtsverbindlichen Konvention würde eine klarere rechtliche Grundlage geschaffen. Darauf folgte der Beschluss, eine Konvention durch einen Expertenausschuss (CJ-AV) entwerfen zu lassen. Seit April 2022 wurde der Text schrittweise erarbeitet, eng begleitet von Mitgliedern der BRAK-Fachausschüsse. Der CCBE leistete bei der Zusammenführung der Beiträge zahlreicher nationaler Anwaltsorganisationen hervorragende Arbeit und hatte Beobachterstatus im CJ-AV. Festzuhalten bleibt: Auch angesichts massiver Verstöße gegen völkerrechtliche Verträge sollten diese rechtlichen Instrumente weiterhin zur Absicherung grundlegender Freiheitsrechte genutzt werden. Der Mehrwert der Konvention, auch für die Weiterentwicklung der Rechtsprechung des EGMR, wird nach deren Inkrafttreten in den nächsten Jahren zu beobachten sein.
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