BRAK MAGAZIN 2/2025 17 Machen Sie zu allen Anträgen einen Schlichtungsvorschlag? Solange ein Schlichtungsverfahren nicht aus einem in unserer Satzung genannten Grund abgelehnt oder das Verfahren beendet werden muss, weil eine der Parteien nicht oder nicht weiter mitwirken möchte, unterbreiten wir zu allen Anträgen einen Schlichtungsvorschlag. Dieser enthält, ähnlich wie bei einem Urteil, neben dem Tenor eine kurze Zusammenfassung des Sachverhalts und eine ausführliche rechtliche Begründung. Wie groß ist die Bereitschaft, sich an dem freiwilligen Verfahren zu beteiligen? Die Bereitschaft in der Anwaltschaft, sich an einem freiwilligen Schlichtungsverfahren zu beteiligen, ist sehr hoch. Im vergangenen Jahr haben sich 91,5 % der Antragsgegnerinnen und Antragsgegner (in der Regel aus der Anwaltschaft) zur Teilnahme bereiterklärt. Im vergangenen Jahr mussten mehr Verfahren wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt werden. Was steckt hinter dieser Entwicklung? Leider stellen wir zunehmend fest, dass Schlichtungsverfahren auf beiden Seiten mit abnehmender Kompromissbereitschaft geführt werden. Nach einem verlorenen Gerichtsverfahren ist es daher z.B. keine Seltenheit mehr, dass Mandantinnen oder Mandanten sich nicht nur gegen die anwaltliche Gebührenrechnung wenden, sondern auch mit unverhältnismäßiger Vehemenz Schadensersatz für das verlorene Verfahren von der Rechtsanwältin oder vom Rechtsanwalt verlangen und dies mit einer vermeintlichen Pflichtverletzung begründen. Wie häufig einigen sich die Beteiligten aufgrund Ihrer Schlichtungsvorschläge? Statistisch haben wir für das vergangene Jahr 2024 ermittelt, dass 64 % unserer Schlichtungsvorschläge von beiden Parteien angenommen wurden. Allerdings gehen wir davon aus, dass die „Dunkelziffer“ der erfolgreich befriedeten Verfahren noch viel höher ist. Um ein Verfahren statistisch als erfolgreiche Einigung zu bewerten, müssen beide Parteien unserem Vorschlag aktiv zustimmen, auch dann, wenn wir z.B. feststellen, dass keine Pflichtverletzung vorlag, und vorschlagen, die Mandantin oder der Mandant soll nicht weiter an ihrer oder seiner Schadenersatzforderung festhalten. Erhalten wir auf unseren Schlichtungsvorschlag keine Rückmeldung, müssen wir diesen als nicht erfolgreich in der Statistik erfassen, obwohl die vermeintlichen Schadensersatzansprüche nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens von der Mandantin bzw. vom Mandanten oft nicht mehr weiterverfolgt werden. Was ist der wichtigste Rat, den Sie Anwältinnen und Anwälten mitgeben können, um Konflikte im Mandat zu vermeiden? Wir empfehlen von Beginn an und vor allem auch während des laufenden Mandats, die voraussichtlich entstehenden Kosten sowie auch die Erfolgsaussichten mit der Mandantschaft zu erörtern. Unzureichende Kommunikation und fehlende Transparenz bei der Vergütungsabrechnung sind aus unserer Sicht nach wie vor die Hauptgründe für die Entstehung von Konflikten im Mandatsverhältnis. Interview: Rechtsanwältin Dr. Tanja Nitschke, Mag. rer. publ. Nähere Informationen zur Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft gibt es auf deren Website. Wie es in dem ausschließlich schriftlichen Verfahren gelingen kann, auf der Grundlage des Gesetzes einvernehmliche Lösungen zwischen den Streitenden zu erzielen, hat die ehemalige Schlichterin Uta Fölster in einer Serie von Beiträgen im BRAK-Magazin anhand kurzer Beispiele aus der Praxis dargestellt – zuletzt in BRAK-Magazin 1/2025, 12. Einen detaillierten Überblick über die Tätigkeit der Schlichtungsstelle gibt der jährlich zum 31. Januar veröffentlichte Tätigkeitsbericht. Darin sind statistisches Material sowie ausgewählte Schlichtungsfälle zusammengetragen. Foto: Foto Kirsch Alexander Jeroch ist Rechtsanwalt in Berlin. Er ist seit 2019 in der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft tätig und seit 2021 ihr Geschäftsführer.
RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0