BRAK-Magazin Ausgabe 2/2025

BRAK MAGAZIN 2/2025 13 ERFOLGREICH MIT MANDANTENKRITIK UMGEHEN: FÜNF STRATEGIEN FÜR ANWÄLTINNEN UND ANWÄLTE Rechtsanwältin Dr. Anja Schäfer, Karrierementorin für Juristinnen, Berlin Im Kanzleialltag kommt es immer wieder vor, dass Anwältinnen und Anwälte mit kritischen Äußerungen der Mandantschaft konfrontiert werden. Egal, wie viel Aufwand in ein Mandat investiert wurde, es gibt immer wieder kritische Rückmeldungen zur eigenen Arbeit. Auch wenn Kritik im Einzelnen nicht immer gerechtfertigt ist, ist ein professioneller und konstruktiver Umgang entscheidend. Selbst erfahrene Anwältinnen und Anwälte tun sich mit Kritik von Mandantinnen und Mandanten oft schwer, doch der Umgang damit lässt sich erlernen. Hier sind fünf Strategien, um Ihre Kritikfähigkeit zu verbessern, damit Sie kritische Äußerungen richtig einschätzen, pauschale Aussagen hinterfragen und das „Körnchen Wahrheit“ herausfiltern können. TIPP 1: KRITISCHE RÜCKMELDUNGEN RICHTIG EINORDNEN Reflektieren Sie, wie Sie bei kritischen Äußerungen agieren. Neigen Sie dazu, diese als persönlichen Angriff zu verstehen und etwas „angefressen“ zu reagieren? Ein konstruktiver Umgang mit Kritik ist jedoch eine zwingende Voraussetzung für gute Mandatsbeziehungen und professionelle Bearbeitung. Sich in solchen Momenten vorschnell zu rechtfertigen, kann unprofessionell wirken und das Klima im Mandat negativ beeinflussen. TIPP 2: KRITISCHE RÜCKMELDUNGEN RICHTIG VERSTEHEN, STATT EINFACH ZU INTERPRETIEREN Bei Kritik von Mandantinnen oder Mandanten ist es wichtig, zunächst genau zuzuhören, bevor Sie damit beginnen, diese zu bewerten oder zu interpretieren. Kritik ist nur dann ein persönlich gemeinter Vorwurf, wenn sie explizit als solcher formuliert wird. Stellen Sie bei Unklarheiten gezielte Nachfragen. Lenken Sie so den Fokus auf Sachinformationen und damit weg von sich selbst. TIPP 3: PAUSCHALE KRITIK KONKRET HINTERFRAGEN Pauschale Kritik ist oft vage und wenig hilfreich. Wenn Sie allgemeine Kritik zu Ihrer anwaltlichen Arbeit hören, bitten Sie um eine Konkretisierung. Hinterfragen Sie Pauschalaussagen wie etwa „Was genau meinen Sie mit ‚Ich bin für Sie nie erreichbar‘?“ so lange, bis Sie Klarheit haben. Paraphrasieren Sie einzelne Aussagen „Habe ich Sie richtig verstanden, dass …“, um wirklich zu verstehen, was die einzelne Person meint. Nur wenn pauschale Rückmeldungen konkretisiert werden, können Probleme geklärt und Lösungen gefunden werden. Fehlt die Erläuterung, bleiben Sie souverän und gehen zum nächsten Punkt über. TIPP 4: DER KRITIK DEN WIND AUS DEN SEGELN NEHMEN Manchmal kann es hilfreich sein, sich die eigene Kommunikation bzw. das eigene Verhalten genau anzusehen. Oftmals werden kritische Rückmeldungen durch ein bestimmtes Vorgehen oder Missverständnis provoziert. Sofern Sie der Grund für kritische Rückmeldungen sind, passen Sie Ihr Vorgehen an. Auf diese Weise lässt sich nicht nur Kritik reduzieren, sondern auch sonstige Missverständnisse im Vorfeld oder Nachhinein vermeiden. TIPP 5: SICH AUF DAS „KÖRNCHEN“ WAHRHEIT IN DER KRITIK FOKUSSIEREN Ganz gleich, wie gut Sie sind: Es gibt regelmäßig eine Person, die etwas auszusetzen hat. Konzentrieren Sie sich also auf das„Körnchen“ Wahrheit in kritischen Äußerungen. Fokussieren Sie sich auf die zumeist versteckten Hinweise, was Sie verbessern oder anders machen sollten. Fokussieren Sie sich dabei auf die Sache und weniger auf die Person. Denn in sachlichen Auseinandersetzungen fällt es leichter, ruhig zu bleiben, konstruktiv zu reagieren und Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Unabhängig davon, wie Sie zu Kritik stehen: Sie ist das kleinere Übel im Vergleich dazu, gar keine Rückmeldung von Mandantinnen und Mandanten zu erhalten. Denn wer als Anwältin oder Anwalt keine Kritik hört, verliert die Chance, etwas über die eigene Arbeit zu erfahren und diese zu verbessern. Entscheidend ist und bleibt, was Sie aus dem Körnchen Wahrheit, das in der Kritik steckt, machen. Foto: Ketmut/shutterstock.com

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